Was sind Heilmittel wert? Wie gut wird ein Plus in der Ausbildung bezahlt?
Die Diskussion ist, ob es erforderlich ist, dass alle Therapeut:innen zukünftig das Wissen haben sollten, das eine hochschulische Ausbildung vermitteln kann. Oder ob lediglich eine bestimmte Gruppe (z. B. die genannten 10 bis 20 Prozent) speziell die Aufgaben erledigt, die mit der akademischen Ausbildung zusammenhängen. Die DKG findet z. B. dass akademisch ausgebildete Therapeut:innen besonders für Leitungstätigkeiten qualifiziert seien. „Hinsichtlich der Versorgungsqualität ist eine spürbare Verbesserung zu erwarten“, prognostiziert die DKG. „Dies ist im fachschulischen Bereich auf die Überarbeitung der bestehenden Ausbildungsverordnung zurückzuführen, in der hochschulischen Ausbildung werden angehende Physiotherapeutinnen und -therapeuten intensiver qualifiziert, auf der Grundlage aktueller und evidenzbasierter wissenschaftlicher Kenntnisse Therapiesitzungen zu planen und durchzuführen. Eine verbesserte Versorgungsqualität sollte umgekehrt auch honoriert und besser vergütet werden.“
Und genau das ist der Punkt, der insbesondere im Fall der Vollakademisierung schwierig werden könnte: Wird eine verbesserte Versorgungsqualität auch wirklich besser vergütet? Sind Gesetzgeber und Krankenversicherungen und schließlich auch die Versicherten bereit, diese Verbesserung zu bezahlen? Und zwar – im Falle der Vollakademisierung – an sämtliche Therapeut:innen? Oder wird vielmehr erwartet, dass das Plus an Versorgung mit den bisher üblichen Vergütungen abgerechnet werden sollen?
Die Debatte um die Akademisierung der Heilmittelberufe hängt also stark mit der Diskussion zusammen, welche Stellung Heilmittel grundsätzlich haben werden. Und wie viel Verantwortung.
Bewährte Ausbildungsform spricht für eine Teilakademisierung
Ein Argument für die Teilakademisierung ist, dass sich die berufsschulische Ausbildung von Therapieberufen (zumindest nach Ansicht des Privatschulverbands) bewährt hat. Und ob sich eine Vollakademisierung bewähren wird, kann aktuell nur erahnt werden. „Inwieweit eine Überführung des Ausbildungsmodells in die Vollakademisierung zu mehr Qualität und Attraktivität führt, bleibt eine Vermutung und kann weder wissenschaftlich noch aus Beispielen anderer Berufsfelder praktisch belegt werden“, so der Privatschulverband. „Während es einerseits keinen Nachweis gibt, dass theoretisches Wissen an einer Hochschule besser vermittelt wird als im schulischen Kontext, ist andererseits sicher, dass die enge praktische Verzahnung dort auf der Strecke bleibt.“
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob eine Vollakademisierung überhaupt umsetzbar wäre. Laut des Deutschen Verbands für Physiotherapie (ZVK) – übrigens einem Befürworter der Vollakademisierung – bestand der Akademisierungsanteil unter allen Auszubildenden der Physiotherapie 2017/2018 etwa 10 Prozent. Wie realistisch ist da eine Quote von 100 Prozent? „Es ist höchst fraglich, inwiefern es kurz- bis mittelfristig überhaupt gelingen kann, entsprechende akademische Ausbildungskapazitäten zu schaffen“, urteilt die DKG. Allein deshalb schon halten viele Befürworter der Teilakademisierung die vorgeschlagene Quote des Wissenschaftsrats fest.
Geld zahlen oder verdienen: Schulgeld oder Ausbildungsvergütung
Ein großes Thema in der Berufsausbildung ist das Geld. In der hochschulischen Ausbildung ist es üblich, Semestergebühren zu zahlen. Befürworter der Vollakademisierung werden vermutlich auch zukünftig nichts daran ändern, sondern das gesparte Geld eher in die Weiterentwicklung der Studiengänge stecken. Die klassische Ausbildung ist dagegen attraktiver – denn hier besteht oft die Möglichkeit, während der Ausbildung eine Vergütung zu erhalten. Doch ganz so glorreich ist das Thema leider doch nicht: Denn während es in vielen Berufen Standard ist, in der Ausbildung ein Lohn zu erhalten, ist das bei den Therapieberufen leider nicht selbstverständlich. Ganz im Gegenteil: Je nach Bundesland besteht die Gefahr, dass die Azubis Schulgeld zahlen müssen. Hier besteht also in der Tat noch Reformbedarf. (Ein Thema, dem wir uns in einem späteren Blogartikel ausführlicher widmen werden.)