Herr Dietrich, was schlagen Sie vor, um Therapieberufe attraktiver zu machen?
Bernd Dietrich: Um eine flächendeckende Versorgung langfristig sicherzustellen, brauchen wir eine attraktive und zukunftssichere Ausbildung. Und ja, wir sehen grundsätzlich auch eine gewisse Notwendigkeit, einen bestimmten Anteil fachhochschulischer Studiengänge anzubieten. Zum Beispiel für Leitungsführungsaufgaben oder für die Lehrkräfte.
Wir sehen die berufliche und die akademische Ausbildung aber von Anfang an als Stufenmodell. So dass man von der berufsfachschulischen Ausbildung in die akademische Ausbildung gelangt – auch dann, wenn ich im Vorfeld nicht die Qualifikation für ein Hochschulstudium hatte. Aber genau aus diesem Grund sind wir für das Modell der Teilakademisierung.
Um die Attraktivität der Therapieberufe zu steigern, sehen andere aber, die Zukunft läge in der Vollakademisierung.
Bernd Dietrich: Denkbar ist alles, aber es ist eben auch nur eine Vermutung. Es ist unklar, ob eine Vollakademisierung erfolgreich sein wird oder nicht. Zum einen sehe ich, dass wir einen massiven Fachkräftemangel haben. Und zum anderen sehe ich, dass unsere Absolventen von den Berufsfachschulen gefragt sind. Wenn ich einen Mangel habe, dann sollte man die Zugangsvoraussetzungen für den Beruf nicht auch noch verschärfen.
Wir wissen, dass die berufsfachschulische Ausbildung ein Erfolgsmodell ist, dass sie eine große Beliebtheit hat und dass sie beim Arbeitgeber ankommen. Und deswegen möchten wir auch die Rahmenbedingen verbessern. Schulgeldfreiheit beispielsweise ist ein wichtiges Thema. Wir haben noch nicht alle Bundesländer schulgeldfrei. Und dann haben wir auch noch das Problem mit der der Ausbildungsvergütung. Für diese Dinge setzen wir uns ein.
Wir sehen die richtige Lösung in der Weiterqualifizierung. Und die Möglichkeit von einer Weiterqualifizierung sorgt dafür, dass ein Berufsfeld für Jede:n attraktiv bleibt. Das ist auch ein lebenslanger Lernrhythmus oder ein toller Weg, den ein:e Therapeut:in gehen kann. Was auch die Attraktivität steigern würde, das wäre ein Direktzugang. Also, dass der:die Patient:in nicht erst den Weg über Orthopäd:innen oder Hausärzt:innen gehen muss.
Aber aktuell ist doch so etwas wie der oft gewünschte Direktzugang ein relativ abstraktes und vages Argument für den Beruf des:der Heilmittelerbringer:in.
Bernd Dietrich: Das sind natürlich Prozesse, die klappen nicht in zwei Monaten. Aber es ist an der Zeit, Modellversuche durchzuführen. Wir sehen, dass da bereits ein positiver Weg eingeschlagen wird. Und zwar auch von denen, die vielleicht bisher nicht ganz so überzeugt waren davon.
Schauen wir uns die Vollakademisierung an: Dessen Befürworter betonen gerne, dass die Hochschulausbildung einen Mehrgewinn bietet. Also das, was auch die fachschulische Ausbildung bietet, plus zusätzliche, akademische Elemente. Das klingt doch verlockend.