Modellstudiengänge Therapieberufe
Heilmittel

Die Modellstudiengänge für die Therapieberufe

Seit 2009 gibt es Modellstudiengänge für Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie. Doch was hat es damit auf sich und wie kam es dazu?

Im Sommer 2021 wurde beschlossen, dass die Modellstudiengänge in den Therapieberufen Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie verlängert werden. Dies fand im Rahmen des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) statt. Dieses wurde im Juni 2021 im Bundestag verabschiedet und soll Verbesserungen in der Gesundheitsversorgung (z. B. in der Pflege) ermöglichen.

Dass es zukünftig Studiengänge für Logopäd:innen, Physiotherapeut:innen und Ergotherapeut:innen geben wird, wird allerorts gelobt – nicht jedoch, dass es weiterhin nur Modellstudiengänge sind. Eine klare Regelung, wie genau die Zukunft der Ausbildung in den Therapieberufen ausschaut, gibt es bisher noch nicht. Und das, obwohl es die Modellstudiengänge für diese drei Heilmittelbereiche bereits seit 2009 gibt und die Modellklausel aktuell nicht zum ersten Mal verlängert wurde.

Auch dem letzten Merkel-Kabinett sei es laut des Spitzenverbands der Heilmittelverbände (SHV) nicht gelungen, eine längst überfällige Modernisierung der Berufsgesetze im Heilmittelbereich zu verabschieden. Stattdessen gibt es also eine Verlängerung der Modellstudiengänge bis vorerst 2024. Doch was genau hat es mit diesen Modellstudiengängen eigentlich auf sich?

Die klassische Ausbildung von Therapeut:innen

Logopädie, Ergo- und Physiotherapie gehören in Deutschland zu den klassischen Ausbildungsberufen. Wer als Therapeut:in zugelassen werden wollte, musste früher berufsfachschulisch ausgebildet werden.

Studiengänge für die drei Therapieberufe gab es vor 2009 zwar schon, aber diese waren eher ergänzend. Seit den 1990ern beispielsweise gab es laut des Wissenschaftsrats weiterbildende Studiengänge für bereits gelernte Heilmittelerbringer:innen. Diese Studiengänge waren und sind eher berufsbegleitend vorgesehen. Und seit 2001 war es immerhin auch möglich, im Rahmen der Ausbildung auch zu studieren, aber diese Studiengänge waren der üblichen berufsfachschulischen Ausbildung untergeordnet.

In Kooperation mit den Berufsschulen lassen sich bestimmte akademische Inhalte ausbildungsintegrierend an Hochschulen erlernen. Die wissenschaftlichen Inhalte sind dabei eher nur ein „Add-on“, wie es das Bündnis „Therapieberufe an die Hochschulen“ in einem FAQ nennt.

Der Weg zu den Modellstudiengängen

Unter anderem mit dem Blick ins Ausland, wo die rein hochschulische Ausbildung von Therapieberufen oft Standard ist, wurde diese Ausbildungsform auch hierzulande mehr und mehr gefordert. Schließlich entschied sich der Gesetzgeber, eine rein akademische Therapieausbildung auszutesten. Laut des Bündnisses „Therapieberufe an die Hochschulen“ ist seit Oktober 2009 in den Berufsgesetzen der Ergotherapeut:innen, Logopäd:innen und Physiotherapeut:innen eine Modellklausel verankert, die es den Ländern ermöglicht, die berufliche Ausbildung der Therapeut:innen vom ersten Tag der Ausbildung an auf Hochschulniveau anzubieten und primärqualifizierende Studiengänge modellhaft zu erproben. Im Unterschied zu den pflegewissenschaftlichen Studiengängen hätten die therapiewissenschaftlichen Studiengänge nach Auffassung des Wissenschaftsrats in der Regel ein mehr patientenorientiertes Qualifikationsziel.

Bei den Modellstudiengängen handelt es sich in der Regel um Bachelorstudiengänge, mit dem Abschluss „Bachelor of Science“, seltener „Bachelor of Arts“ (Quelle: Wissenschaftsrat). „Neben auf ein einzelnes Fach bezogenen Studiengängen existieren auch Studienangebote, die zu einem zwei oder drei Therapieberufe übergreifenden Bachelor-Abschluss führen (zum Beispiel „Bachelor in Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie“); meistens kann jedoch ein Schwerpunkt in der Physiotherapie, in der Ergotherapie oder in der Logopädie gewählt werden, der auch zu einer unmittelbar patientenorientierten Therapietätigkeit qualifiziert“, so der Wissenschaftsrat.

Obwohl die Bachelorstudiengänge zur Qualifikation als Logopäd:in, Physio- oder Ergotherapeut:in ausreicht, besteht auch die Möglichkeit, zusätzlich Masterstudiengänge zu absolvieren. Diese besitzen meist ein über den gelernten Beruf hinausgehendes Profil und führen z. B. zu einem Master of Science in Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie oder zu einem Master of Science in Therapiewissenschaft. Diese Masterstudiengänge sind in gewissem Maße vergleichbar mit den berufsbegleitenden Studiengängen, die es bereits vor der Modellklausel gab.

Die Modellstudiengänge heute und morgen

Die Modellstudiengänge gibt es weiterhin parallel zu den berufsschulischen Ausbildungen. Beispielsweise für den Bereich Physiotherapie haben sich 2017 und 2018 circa 10 Prozent der Auszubildenden für den reinen Studienweg entschieden, so der Deutsche Verband für Physiotherapie (ZVK). Auch wenn das zunächst wenig klingt: Der Anteil der akademisch auszubildenden Therapeuten steige laut des ZVK.

Das Konzept der Modellstudiengänge war zunächst bis 2016 befristet. Es gelang den Gesetzgebern aber nicht, auf Basis der Erkenntnisse einen Standard jedweder Art zu etablieren und so sollte die Modellklausel bis 2026 verlängert werden. „Begründet wurde diese Verlängerung mit einer Reihe offener Fragen zu den langfristigen Auswirkungen, dem Nutzen und den Kostenfolgen einer akademischen Qualifikation“, beschreibt es der Hochschulverbund Gesundheitsfachberufe (HVG) in einer Stellungnahme. Und schon damals hätte der HVG betont, dass diese offenen Fragen nicht durch Evaluationen der Modellstudiengänge, sondern vielmehr durch eine externe, u. a. gesundheitsökonomische Evaluation beantwortet werden können.

Aufgrund der Proteste der Verbände der Gesundheitsfachberufe wurde 2017 die Verlängerung schließlich doch nur bis 2021 befristet. Aber gebracht hat es nichts: Im vergangenen Sommer wurde die Modellklausel abermals verlängert, nun bis 2024. „Die Begründung legt offen, dass es den verantwortlichen politischen Akteuren weder in der ersten Modellphase (2009 bis 2016) noch innerhalb der laufenden zweiten Modellphase (2016 bis 2021) gelungen ist, die Notwendigkeit und Umsetzbarkeit einer regulären hochschulischen Ausbildung zu prüfen und die notwendigen politischen Weichen zu stellen“, kritisiert der HVG bereits 2020.

Es bleibt abzuwarten, ob die Ampel-Koalition, die Chance ergreift, für die Ausbildung im Heilmittelbereich endlich einen festen Standard zu etablieren. Sei es nun vollakademisch oder teilakademisch – Hauptsache ohne das Präfix „Modell-“ in der Ausbildungsbezeichnung. Welche Konzepte es gibt und welche Vorteile und Nachteile diese haben, beschreiben wir im DMRZ.de-Blog in den kommenden Wochen und Monaten in gesonderten Beiträgen.

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