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Heilmittel, Pflege

Heilmittel im Alter – vermehrt unter Pflegebedürftigen

Der neue Heilmittelbericht zeigt: Physiotherapie ist das häufigste Heilmittel unter Pflegebedürftigen – und Podologie vor allem in der vollstationären Pflege gefragt.

Wie sehr kommen Heilmittel – wie Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder Podologie – zum Einsatz, wenn man alt und ggf. sogar pflegebedürftig ist? Dem ist das Wissenschaftliche Instituts der AOK (WIdO) gezielt für ihren aktuellen Heilmittelbericht nachgegangen. Interessant dabei ist, dass zum einen Heilmittel vermehrt bei vollstationär gepflegten Menschen zum Einsatz kommt. Und dass zum anderen die Therapien zwar mit dem Alter zunehmen, aber ab etwa 80 Jahren wieder weniger werden. Wir haben uns den Heilmittelbericht 2023/2024 einmal genauer angesehen.

Schwerpunkt des Heilmittelberichts: Heilmittelversorgung von Pflegebedürftigen ab 65 Jahre

Die WIdO wertet für ihren regelmäßig erscheinenden Bericht sowohl offizielle Daten des Statistischen Bundesamts als auch pseudonymisierte Versichertendaten der AOK aus. Für den aktuellen Schwerpunkt „Heilmittelversorgung von Pflegebedürftigen ab 65 Jahre“ kamen aber ausschließlich die Daten der AOK-Versicherten zum Einsatz.

Heilmittel kommen bei Menschen, die 65 Jahre oder älter sind, in der Regel aus diesen drei Gründen zum Einsatz:

  • alterstypische Erkrankungen und Beschwerden

  • den Eintritt in die Pflegebedürftigkeit hinauszögern

  • den aktuellen Stand der Pflegebedürftigkeit beibehalten

Letztere Gruppe ist unter den Heilmittel-Patient:innen ab 65 Jahren am meisten vertreten: Unter den AOK-Versicherten dieses Alters wurden 55 Prozent der Heilmittelverordnungen an Pflegebedürftige ausgestellt (3,2 Millionen). Von allen Heilmittel-Behandlungen unter den 65-Jährigen entfallen 57,5 Prozent an die Pflegebedürftigen.

Die Grafik zeigt, dass die Zahl der pflegebedürftigen Frauen ab 65 höher ist die der pflegebedürftigen Männer. Aber auch innerhalb des jeweiligen Geschlechts nehmen Frauen mehr Heilmittel in Anspruch. Darüber hinaus zeigt die Grafik, dass mit steigendem Alter die Pflegebedürftigkeit und auch die Zahl der Heilmittelbehandlungen abnehmen. Zum einen ist dies durch die Sterberate erklärbar. Zum anderen aber auch dadurch, dass manche Heilmittelbehandlungen (z. B. Krankengymnastik) ein gewisses Maß an Bewegung erfordern, die z. B. bei einem:einer 90-Jährigen nachlässt.

Mehr Heilmittel in der vollstationären Pflege, am wenigsten bei den Pflegegeld-Empfängern

Die bei der AOK versicherten Pflegebedürftigen ab 65 Jahren sind in folgenden Pflegearrangements am meisten vertreten.

  1. häuslich von Angehörigen gepflegt und somit ausschließlich Pflegegeld erhalten: mehr als jede:r Zweite

  2. in einem Pflege-/Altersheim vollstationär gepflegt: etwa jede:r Vierte

  3. zuhause von Pflegekräften gepflegt werden und somit Pflegesachleistungen erhalten – vollständig oder in Form der Kombinationsleistungen: etwa jede:r Fünfte

Interessanterweise ist es aber die drittgrößte Gruppe (Pflegesachleistungen ohne Kombi), die am meisten Heilmittel in Anspruch nimmt (48 %). Dicht gefolgt von den vollstationär Gepflegten (46 %) und den mit größerem Abstand die Pflegegeld-Empfänger (40 %).

Die WIdO-Studie erklärt es sich wie folgt: „Pflegebedürftige in der vollstationären Versorgung gelten als insgesamt morbider als Pflegebedürftige, die im häuslichen Umfeld gepflegt werden. Sie sind eine Patientengruppe, die unter Beobachtung durch professionelle Pflegekräfte steht und sowohl für Verordner als auch für die Heilmittelleistungserbringer vergleichsweise leicht zu erreichen sind.“

Interessant ist hierbei auch, dass bei Pflegegrad 5 die ambulant Gepflegten mehr Heilmittel in Anspruch nehmen als die vollstationär Gepflegten. „Möglicherweise zeigt sich hier, dass sich Pflegebedürftige in der vollstationären Versorgung überproportional in der letzten Lebensphase befinden und zu fragil oder zu krank sind, um von einer Heilmitteltherapie zu profitieren“, heißt es in der Studie. „Zahlreiche aktivierende Maßnahmen der Physiotherapie (beispielsweise Krankengymnastik) setzen ein Mindestmaß an Beweglichkeit und Kraft voraus, welche bei Pflegebedürftigen mit höheren Pflegegraden nicht mehr gegeben sind.“

Fokus Physiotherapie: Mehr als jede:r Dritte unter den Heilmittelpatienten mit Pflegebedarf

Beim Verordnen von Heilmitteln für Pflegebedürftige ab 65 Jahren sind folgende Diagnosen an oberster Stelle:

  1. Diabetes mellitus (143.000 Pflegebedürftige, also 17,8 %) – mehr dazu weiter unten

  2. Symptome, die das Nervensystem und das Muskel-Skelett-System betreffen (137.600 Pflegebedürftige, also 17,2 %) – davon rund 85.500 aufgrund von „Störungen des Ganges und der Mobilität“ (ICD R29)

  3. Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens (116.150 Pflegebedürftige, also 14,5 %) – u. a. mit der Diagnose „Rückenschmerzen“ (ICD M54) als die häufigste Einzeldiagnose

Die Liste zeigt: Der am meisten benötigte Heilmittelbereich ist die Physiotherapie. Diese macht 35 Prozent der Heilmittel aus. Die häufigste Physio-Maßnahme ist die „normale“ Krankengymnastik. Fast zwei Drittel der Pflegebedürftigen, die über 65 Jahre alt sind und Heilmittel in Anspruch nehmen, machen die „normale“ Krankengymnastik.

Physiotherapeutische Maßnahme Pflegebedürftige über 65 Jahre, die Heilmittel nutzen Anteil der Heilmittel-Behandlungen
Krankengymnastik, normal 62,6 % 40,8 %
Manuelle Lymphdrainage 13,6 % 13,8 %
Krankengymnastik, ZNS, Erwachsene 10,3 % 12,4 %
Manuelle Therapie 9,1 % 3,2 %
Massage 7,5 % 0,9 %

Fokus Podologie: Am meisten in der vollstationären Pflege

Wie oben schon zu sehen, ist die Nummer Eins der Diagnosen für Heilmittel die „Diabetes mellitus“. Bei Diabetes mellitus Typ 2 besteht die Gefahr, der Unterzuckerung – was beispielsweise zu Stürzen oder auch zum diabetischen Fußsyndrom (DFS) führen kann.

Der erhöhte Blutzuckerspiegel kann die Nerven an den Blutgefäßen so schädigen, dass Haut- und Nagelveränderungen – z. B. an den Füßen – unbemerkt auftreten können. Kleinste Verletzungen an diesen Stellen können sich dann schnell zu Geschwüren entwickeln und schlimmstenfalls die Knochenstruktur verändern. Regelmäßige medizinische Untersuchungen sowie podologische Behandlungen sind deswegen sehr wichtig. Die folgende Grafik zeigt, wie viele der Pflegebedürftigen ab 65 Jahren Diabetes mellitus haben und podologisch behandelt werden. Von den Pflegebedürftigen mit Diabetes erhalten somit rund 23 Prozent eine podologische Behandlung.

Interessant ist, dass Podologie am meisten für vollstationär Gepflegte verschrieben wird. Diejenigen, die ausschließlich Pflegegeld erhalten, machen von der Podologie am wenigsten Gebrauch.

Auch ist erstaunlich, dass alle Heilmittel mit Anstieg des Pflegegrads steigen; je höher der Pflegegrad, desto mehr Heilmittel werden verschrieben. Außer bei der Podologie! Hier finden die meisten Behandlungen bei Pflegegrad 3 statt und sinken bei Pflegegrad 4 und 5 wieder.


Der gesamte Heilmittelbericht 2023/2024
 

 

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