Pflegebedürftigkeit kompakt erklärt

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So funktioniert Pflege in Deutschland

  • Pflegebedürftigkeit kompakt erklärt
  • Das hat sich seit 2017 geändert
  • Alles rund um Pflegegrade

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Pflegebedürftigkeit: Wann gilt jemand als pflegedürftig?

Von Pflegebedürftigkeit wird gesprochen, wenn jemand seinen Alltag aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht selbständig bewältigen kann und aus diesem Grund entsprechend Unterstützung benötigt. Doch das Gesetz gibt genau vor, wann jemand als pflegebedürftig gilt und welchen Pflegegrad dieser hat. Erfahren Sie, wie unterschiedlich der Pflegebedürftigkeitsbegriff im Laufe der Zeit genutzt wurde und wie die Bewertung der Pflegebedürftigkeit im Detail abläuft.

Was ist Pflegebedürftigkeit? Wie lässt sie sich definieren?

Die Feststellung, wann jemand pflegebedürftig ist und wann nicht, kann sehr unterschiedlich ausfallen. Pflegebedürftigkeit gibt es im Grunde überall dort, wo jemand der Pflege durch andere bedarf, weil der Betreffene diese nicht selber durchführen kann. So betrachtet, sind beispielsweise auch Kleinkinder pflegebedürftig – doch im deutschen Gesundheitssystem würde dann niemand von einer Pflegebedürftigkeit sprechen. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff hängt also stark vom Blickwinkel ab; für die Verwendung im Gesundheitswesen wird gesetzlich definiert, wer als „pflegebedürftig“ gilt.

Die gesetzliche Definition der Pflegebedürftigkeit findet sich in § 14 Absatz 1 des SGB XI (elftes Sozialgesetzbuch). Unter der Bezeichnung „Begriff der Pflegebedürftigkeit“ steht geschrieben:

„Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.“

Also nach dem deutschen Sozialgesetz (und somit Pflegeversicherungsgesetz) ist jemand pflegebedürftig, wenn dieser:

  • gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweist

  • körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen kann

  • Hilfe durch andere benötigt

  • nicht weniger als sechs Monate diesen Status aufrecht hält

  • und die Pflegebedürftigkeit in einen gewissen Umfang innehat (mindestens Pflegegrad 1).

Das Verständnis der Pflegebedürftigkeit früher

Der Pflegebedürftigkeitsbegriff wandelte sich im Laufe der Zeit. Vor mehreren Jahrzehnten noch wurde Pflegebedürftigkeit vor allem mit dem Blick auf die Körperpflege, die Ernährung, die Mobilität und die hauswirtschaftliche Versorgung des Betroffenen entschieden. Diese vier Bereiche wurden zudem hinsichtlich des Zeitaufwands betrachtet: Wie umfangreich ist in jedem der vier Bereiche eine Unterstützung notwendig? Was schafft der/die Betroffene selber? Die Schwere der Pflegebedürftigkeit wird schließlich in drei Pflegestufen gegliedert.

Nahezu unberücksichtigt blieb aber der Blick auf die kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten eines Menschen sowie dessen Verhaltensweisen und psychische Problemlagen. Beispielsweise Demenzkranke ohne eine körperliche Beeinträchtigung blieben im alten Pflegebedürftigkeitsbegriff unberücksichtigt. Ebenso auch Menschen mit einer geistigen Behinderung. Für diesen Zweck entstand 2012 und 2013 durch das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz immerhin eine „Pflegestufe 0“: Besteht abseits der definierten Alltags-Kategorien (Körperpflege, Ernährung, Mobilität, hauswirtschaftliche Versorgung) trotzdem ein Betreuungsbedarf, erhalten Pflegebedürftige die Pflegestufe 0. Die Leistungen hier waren aber so gering, dass weiterhin eine Reformation des Pflegebedürftigkeitsbegriffs gefordert wurde.

Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff seit 2017

Bereits seit 2006 arbeitete der deutsche Gesetzgeber an einer Pflegereform, die vor allem einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff etablieren sollte. Nach mehreren Analysen und Modellversuchen wurde 2017 mit dem zweiten Pflegestärkungsgesetz der neue, aktuelle Pflegebedürftigkeitsbegriff geschaffen. Dieser orientiert sich nun stärker an den Bedürfnissen jedes einzelnen Menschen, an seiner individuellen Lebenssituation und an seinen individuellen Beeinträchtigungen und Fähigkeiten. Die Selbstständigkeit eines Pflegebedürftigen wird nun vollständig erfasst. Von nun an haben Demenzkranke, psychisch Kranke und geistig Behinderte, deren Selbstständigkeit krankheitsbedingt eingeschränkt ist, gute Chancen darauf, einen Pflegegrad zugewiesen zu bekommen und damit auch volle Pflegeleistungen zu erhalten.

Mit dem Pflegestärkungsgesetz 2 wurden die drei Pflegestufen zudem durch die neuen fünf Pflegegrade abgelöst. Mit dem neuen Pflegegrad 1 wurden Menschen eingestuft, die noch keinen erheblichen Unterstützungsbedarf haben, aber etwa eine Pflegeberatung oder eine Anpassung der Wohnungsgegebenheiten benötigen.

Vor allem wird mit den Pflegegraden nicht mehr zwischen Menschen mit oder ohne einer dauerhaft eingeschränkten Alltagskompetenz (wie z. B. Demenz oder einer psychischen Erkrankung) unterschieden. Während beispielsweise ein Pflegebedürftiger mit Pflegestufe 2 nun den Pflegegrad 3 erhalten hat, wurde eine Demenzkranker mit Pflegestufe 2 nun mit einem Pflegegrad 4 eingestuft. Die Überführung in die neuen Pflegegrade geschah automatisch.

Pflegebedürftigkeit erkennen und festlegen

Der Pflegegrad gibt den Zustand der Pflegebedürftigkeit einer Person an und vermittelt, wie stark eine Krankheit oder eine Behinderung ist. Denn nicht jeder Pflegebedürftige benötigt das gleiche Maß an Pflege; der Pflegebedarf fällt bei jedem unterschiedlich hoch aus. Aus diesem Grund fällt auch das von den Pflegekassen zur Verfügung gestellte „Budget“ unterschiedlich aus. Deshalb sind die Pflegegrade notwendig.

Die Entscheidung, welchen Pflegegrad ein Pflegebedürftiger hat, fällen Experten des Medizinischen Dienstes (MDK bei gesetzlich, Medicproof bei privat versicherten). Die Gutachter besuchen die betroffene Person und überprüfen diese auf ihre Pflegebedürftigkeit. Die Regeln für das Ermitteln eines Pflegegrads sind ganz klar definiert: Das sogenannte Neue Begutachtungsassessment (NBA) ist das Bewertungssystem, dass die Gutachter zur Überprüfung der Pflegebedürftigkeit nutzen.

Das neue Begutachtungsassessment (NBA) zur Einschätzung der Pflegebedürftigkeit

In sechs Bereiche (Module genannt) untersuchen die Gutachter des Medizinischen Dienstes die betroffene Person. Kleinkinder (bis 18 Monate) werden aufgrund einer fehlenden Selbstständigkeit übrigens ganz anders begutachtet als beispielsweise Erwachsene.

Die Gewichtung der sechs Module ist unterschiedlich – abhängig davon, welche Bereiche für die Einschätzung der Pflegebedürftigkeit am bedeutendsten sind. Geregelt wird Begutachtungsinstrument in § 15 SGB XI.

1. Mobilität (10 %)

Bei dem NBA-Modul „Mobilität“ untersuchen die Gutachter, wie selbstständig sich der Betroffene bewegen und seine Körperhaltung ändern kann. In sechs Unterkriterien werden einzelnen Mobilitätssituationen abgefragt – vom Positionswechsel im Bett oder dem Halten einer stabilen Sitzposition bis zum Steigen von Treppen. Die jeweilige Lage wird mit Zahlen zwischen 0 („selbstständig“) und 3 („unselbstständig“) bewertet. Trifft das Kriterium „Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und beider Beine“ zu, dann erhält ein Pflegebedürftiger automatisch den höchsten Pflegegrad, also 5.

2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (7,5 %)

Wie gut kann sich der Betroffene räumlich und zeitlich orientieren? Ist er/sie in der Lage, selbstständig Entscheidungen zu treffen und kann er/sie seine bzw. ihre Bedürfnisse ausreichend mitteilen? Wie lassen sich mehrschrittige Alltagshandlungen ausführen? Und wie lassen sich Sachverhalte verstehen oder wie funktioniert die Beteiligung an einem Gespräch? All dies wird anhand der elf Unterpunkte des Moduls „Kognitive und kommunikative Fähigkeiten“ bewertet. Die Beurteilung reicht von „unbeeinträchtigt/vorhanden“ (0) bis „nicht vorhanden“ (3).

3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (7,5 %)

Es wird überprüft, ob der Betroffene regelmäßig psychische Probleme aufweist und wie oft dafür fachliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss. 13 Bereiche werden hier abgefragt – von motorisch geprägten Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu sozial inadäquate Verhaltensweisen. Aber auch nächtliche Unruhe, Ängste, Antriebslosigkeit, Aggressionen oder weitere Ausfälligkeiten werden berücksichtigt. Die Bewertungen reichen von „nie“ über „selten“ und „häufig“ (also mehrmals in der Woche) bis hin zu „täglich“.

4. Selbstversorgung (40 %)

Im bedeutendsten Bewertungsmodul wird ermittelt, wie selbstständig ein Betoffener sich selber waschen und pflegen kann oder selber auf Toilette gehen kann. Aber auch Fragen zur Ernährung werden gestellt (Zubereitung, Essen, Trinken). Am Ende dieses Moduls wird auch abgefragt, wie der Pflegebedürftige mit einer möglichen Inkontinenz umgeht oder ob ggf. eine Ernährung per Sonde oder Injektion notwendig ist.

5. Umgang mit krankheits-/therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (20 %)

Gibt es krankheits- oder therapiebedingte Anforderungen und Belastungen? Und wie geht der Betroffene damit selber um, und ist er/sie in der Lage, diese selber zu lösen? Bis zu 16 Unterpunkte werden in diesem Modul entsprechend behandelt. Beispielsweise geht es um den selbstständigen Wechsel eines Verbands oder um die Fähigkeiten, mögliche Injektionen selber zu setzen oder den Blutzuckerwert (oder andere Messwerte) selber zu ermitteln. Auch der selbstständige Weg zum Arzt oder anderer Einrichtungen wird abgefragt. Ebenso wird ermittelt, ob der Pflegebedürftige von sich aus eine Diät oder eine andere Verhaltensvorschrift einhalten kann.

Wenn es keinerlei Probleme gibt oder bestimmte Abfragen nicht notwendig sind, wird der Punkt „entfällt bzw. selbstständig“ (0) gewählt. Ansonsten gibt man die Bewertungen „täglich“, „wöchentlich“ oder „monatlich“ an. Verglichen zu den anderen Modulen des NBA werden zusätzlich noch die Häufigkeit der Hilfe durch andere (z. B. Angehörige oder Pflegekräfte) pro Monat notiert. Ist eine Unterstützung für seltener als 1x pro Monat notwendig, wird als Menge „0“ angegeben.

6. Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte (15 %)

Im letzten Pflegegrad-relevanten Modul wird überprüft, wie gut der/die Betroffene den Tagesablauf selbstständig planen kann. Ist die Person in der Lage, Kontakte zu pflegen? Wie gut kann sie/er sich beschäftigen? Ebenso wird auch die Gestaltung eines Tagesablaufs befragt. Sechs Untermodule gibt es hier, die Einstufung reicht von „selbstständig“ (0) bis „unselbstständig“ (3).

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