- Online-Abrechnung
- Software
- Für wen
- Preise
- Wissen
Am 6. November hat der Bundestag grünes Licht für eine bedeutende Neuerung in der Pflege gegeben: Mit dem Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege – kurz BEEP-Gesetz, ehemals als Pflegekompetenzgesetz bezeichnet – dürfen Pflegefachkräfte künftig bestimmte heilkundliche Tätigkeiten eigenverantwortlich ausüben, ohne ärztliche Anordnung. Für ambulante Pflegedienste, Intensivpflegedienste, Betreuungsdienste und teilstationäre Einrichtungen bedeutet das konkrete Veränderungen im Arbeitsalltag. Doch was genau ändert sich? Und wo gibt es noch Unklarheiten?
Was das BEEP-Gesetz regelt
Das Herzstück der Neuregelung: Pflegefachpersonen werden zur eigenverantwortlichen Heilkundeausübung befugt. Das bedeutet, sie können im Rahmen ihrer Kompetenzen künftig Leistungen erbringen, die bisher ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten waren. Dabei geht es nicht darum, ärztliche Diagnosen zu stellen, sondern um pflegerische Bedarfe, die Pflegefachkräfte selbstständig feststellen und behandeln dürfen.
Pflegefachpersonen können künftig auch ohne ärztliche Diagnose handeln, wenn sie den pflegerischen Bedarf festgestellt haben. Das Gesetz tritt zum 1. Januar 2026 in Kraft, sofern der Bundesrat im Dezember keinen Einspruch einlegt.
Konkrete neue Befugnisse für Pflegefachkräfte
Die Selbstverwaltung wird festlegen, welche Leistungen konkret betroffen sind. Bereits genannt werden unter anderem:
Wichtig: Die konkreten Befugnisse richten sich nach der jeweiligen Qualifikation der Pflegefachperson. Es wird also nicht pauschal jede Pflegekraft alle neuen Tätigkeiten übernehmen dürfen, sondern die Leistungen werden entsprechend der Ausbildung und Weiterbildung zugeordnet.
Was bedeutet das für die Praxis?
Für ambulante Pflegedienste und Betreuungsdienste ergeben sich mehrere Vorteile: Pflegefachkräfte können schneller und flexibler auf pflegerische Bedarfe reagieren, ohne auf ärztliche Anordnungen warten zu müssen. Das kann Versorgungsprozesse beschleunigen und die Selbstständigkeit der Pflegeprofession stärken.
Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, sieht darin einen wichtigen Schritt: „Davon profitiert nicht nur die Pflege, sondern auch die geplante Reform zur Primärversorgung.“ Das Gesetz schaffe gute Grundlagen für eine Abkehr vom Arztvorbehalt. Positiv sei zudem, dass kommunale Strukturen und sektorenübergreifende Ansätze gestärkt würden.
Stimmen aus der Praxis: Abrechnungsfrage noch offen
Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen, verwies auf internationale Beispiele: In Frankreich seien mittlerweile rund 60.000 Pflegefachkräfte in eigenen Praxen tätig, böten dort Sprechstunden an und erbringen Leistungen in der Prävention wie Impfungen. „Und sie rechnen diese Leistungen auch ab“, betonte Postel.
Genau hier liegt eine der zentralen offenen Fragen: Wie werden die neuen Leistungen abgerechnet? Welche Vergütungsstrukturen gibt es für eigenverantwortlich erbrachte pflegerische Leistungen? Diese Punkte müssen noch geklärt werden, damit die Befugniserweiterung in der Praxis auch wirtschaftlich tragfähig wird.
Kritik: Fehlende einheitliche Regelungen
Trotz grundsätzlicher Zustimmung gibt es auch kritische Stimmen. Die AOK sieht vor allem ein Problem: Pflegerische Diagnosen sind bislang nicht einheitlich geregelt. Carola Reimann mahnte, die Bund-Länder-Arbeitsgruppe müsse „umfassende Strukturreformen schnellstmöglich vorlegen“.
Auch der Verband der Ersatzkassen (vdek) äußerte sich differenziert. Boris von Maydell, Vertreter des Vorstands, begrüßte zwar die Stärkung der Pflegefachpersonen: „Das Pflegepersonal ist die Basis für eine gute Versorgung.“ Entsprechend ihrer Qualifikation sollten Pflegekräfte eigenständiger arbeiten dürfen, nur dann könne die angestrebte Entlastung im Versorgungsprozess auch erreicht werden.
Allerdings kritisierte der vdek einen anderen Aspekt des Gesetzes: Die geplanten gemeinschaftlichen Wohnformen (GeWos) könnten unnötige Bürokratie aufbauen. Anstatt einen völlig neuen Versorgungsbereich in die soziale Pflegeversicherung einzuführen, sollten vorhandene Regelungen weiterentwickelt und in bestehende Strukturen eingegliedert werden.
Praxistest steht noch bevor
Hamburgs Gesundheits- und Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD), die in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Zukunftspakt Pflege die A-Länder vertritt, bezeichnete die Befugniserweiterung gegenüber der Ärztezeitung als „guten Schritt“. Allerdings stehe dem Vorhaben noch der Praxistest bevor.
Diese Skepsis ist berechtigt: Gesetzliche Regelungen auf dem Papier sind das eine – die Umsetzung in der Versorgungsrealität das andere. Entscheidend wird sein, ob die neuen Befugnisse von allen Beteiligten – von Ärztinnen und Ärzten, Krankenkassen, Patientinnen und Patienten – auch akzeptiert und gelebt werden.
Was Pflegedienste jetzt wissen sollten
Für ambulante Pflegedienste, Intensivpflegedienste und Betreuungsdienste heißt es zunächst: abwarten, welche konkreten Leistungskataloge die Selbstverwaltung festlegt. Folgende Fragen sollten Sie im Blick behalten:
Das „kleine Sparpaket“ – fachfremder Bestandteil
Zusammen mit dem BEEP-Gesetz wurde auch das sogenannte „kleine Sparpaket“ für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) verabschiedet. Damit sollen Verwaltungskosten der Kassen gedeckelt, Vergütungssteigerungen in Krankenhäusern begrenzt und die Mittel für den Innovationsfonds befristet gekürzt werden. Laut Bundesgesundheitsministerium werden dadurch bis 2026 Einsparungen von rund zwei Milliarden Euro erzielt.
Allerdings halten Experten diese Maßnahmen für unzureichend. Der vdek warnte, das Sparpaket reiche „bei Weitem nicht aus, um die Finanzlücke der GKV zu schließen“, und forderte weitergehende Strukturreformen für eine nachhaltige Stabilisierung der Kassenfinanzen.
Ausblick: Ein erster Schritt
Die Befugniserweiterung für Pflegefachkräfte ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Pflegeprofession. Für die Praxis wird entscheidend sein, wie die gesetzlichen Vorgaben konkret umgesetzt werden – und ob die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Pflegefachkräfte ihre neuen Kompetenzen auch tatsächlich ausüben können.
Die nächsten Monate werden zeigen, wie die Selbstverwaltung die Leistungskataloge ausgestaltet und welche Vergütungsstrukturen entstehen. Pflegedienste sollten diese Entwicklung aufmerksam verfolgen und sich frühzeitig über Fortbildungsmöglichkeiten für ihre Mitarbeitenden informieren.
Empfehlen Sie DMRZ allen Leistungserbringern in der Pflege! Mit unseren Software-Lösungen rechnen Sie schnell und einfach mit den Pflegekassen ab und planen komfortabel Ihren Arbeitstag.
Jetzt kostenlos & unverbindlich testen
Quelle: Bundesgesundheitsministerium
Allgemeiner Hinweis: Unsere Blogartikel dienen lediglich zur Information und bieten einen Überblick über das Thema. Trotz sorgfältiger Recherche und Prüfung können wir keine Garantie auf Richtigkeit oder Vollständigkeit der Informationen und Daten übernehmen. Konkrete Informationen findest Du unter den jeweils genannten Quellen.

