BEEP-Gesetz
Heilmittel, Pflege, Telematikinfrastruktur

BEEP-Gesetz: Heilmittel-TI verschoben & mehr Pflege-Kompetenzen

Bundestag und Bundesrat haben beschlossen: Die TI-Frist für Heilmittel ist 2027 und Pflegekräfte haben erweiterte Befugnisse.

Am 19. Dezember 2025 haben Bundestag und Bundesrat das BEEP-Gesetz final verabschiedet. Nach wochenlanger Verzögerung durch den Vermittlungsausschuss, der wegen des Streits um Klinikfinanzierungen angerufen wurde, ist nun Klarheit geschaffen. Für Heilmittelerbringer bedeutet das: Die TI-Anschlusspflicht wird verschoben. Für ambulante Pflegedienste bringt das Gesetz noch viel mehr: Pflegefachkräfte erhalten ab 2026 erweiterte Befugnisse und dürfen eigenverantwortlich heilkundlich tätig werden – ein Meilenstein für die Profession.

TI-Anschlusspflicht für Heilmittelerbringer verschoben – neue Frist 1. Oktober 2027

Die verpflichtende Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) zum 1. Januar 2026 ist endgültig vom Tisch. Die neue Anschlussfrist für Heilmittelerbringer liegt nun beim 1. Oktober 2027. Die Verschiebung war zwar bereits seit dem Herbst im Gespräch, doch wegen der Blockade durch den Bundesrat und der anschließenden Verzögerungen im Vermittlungsausschuss blieb lange unklar, ob und wann das BEEP-Gesetz tatsächlich in Kraft tritt. Nun ist es offiziell.

Der Grund für die Verschiebung: Die Einführung der elektronischen Heilmittelverordnung verzögert sich. Entsprechend wurde auch die TI-Anschlusspflicht nach hinten verlegt. Ursprünglich sollten Logopäden, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Podologen bereits ab dem Jahreswechsel verpflichtend angebunden sein.

 

Warum ein TI-Anschluss jetzt trotzdem sinnvoll ist

Die Verschiebung bedeutet nicht, dass Heilmittelerbringer das Thema TI auf die lange Bank schieben sollten. Wer sich jetzt freiwillig anschließt, profitiert mehrfach: Ohne Zeitdruck vorbereiten, Refinanzierung zu 100 % gesichert und digitale Kommunikation via KIM (Kommunikation im Medizinwesen) nutzen.

 

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Erweiterte Befugnisse für Pflegefachkräfte ab 2026

Das Herzstück des BEEP-Gesetzes betrifft die Pflege: Pflegefachpersonen werden zur eigenverantwortlichen Heilkundeausübung befugt. Das bedeutet, sie können im Rahmen ihrer Kompetenzen künftig Leistungen erbringen, die bisher ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten waren. Dabei geht es nicht darum, ärztliche Diagnosen zu stellen, sondern um pflegerische Bedarfe, die Pflegefachkräfte selbstständig feststellen und behandeln dürfen.

Konkret genannt werden unter anderem:

  • Behandlung chronischer Wunden: Pflegefachkräfte dürfen Wundversorgung eigenständig durchführen und steuern.
  • Hilfsmittelempfehlungen: Pflegefachpersonen können eigenständig Hilfsmittel empfehlen – quasi verordnen. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) muss nun konkrete Richtlinien erstellen, welche Hilfsmittel Pflegekräfte eigenständig empfehlen dürfen.
  • Gesundheitsförderung und Prävention: Eigenverantwortliche Übernahme von Aufgaben in der Vorsorge, etwa Präventionsberatung für Pflegebedürftige in häuslicher Pflege.

Wichtig: Die konkreten Befugnisse richten sich nach der jeweiligen Qualifikation der Pflegefachperson. Es wird also nicht pauschal jede Pflegekraft alle neuen Tätigkeiten übernehmen dürfen, sondern die Leistungen werden entsprechend der Ausbildung und Weiterbildung zugeordnet.

Was noch offen ist

Die Selbstverwaltung muss nun die konkreten Leistungskataloge erstellen. Auf der Grundlage der gesetzlichen Änderungen kann sie ab dem 1. Januar 2026 die Vertragsverhandlungen durchführen. Entscheidend wird sein, wie folgende Punkte geklärt werden:

  • Abrechnungsfragen: Wie werden die neuen Leistungen abgerechnet?
  • Vergütungsstrukturen: Welche Vergütung gibt es für eigenverantwortlich erbrachte pflegerische Leistungen?
  • Fortbildungen: Welche Qualifikationen sind konkret erforderlich?
  • Zusammenarbeit mit Ärzten: Wie gestaltet sich die künftige Kooperation?

Genau hier liegt eine der zentralen Herausforderungen: Die gesetzlichen Regelungen stehen – die praktische Umsetzung muss jetzt folgen.

 

Stimmen aus der Praxis: Wichtiger Meilenstein – aber schnellere Umsetzung nötig

Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, sagte: „Wir sind erleichtert, dass dieses Gesetz nun verabschiedet wurde. Es ist ein wichtiger Meilenstein für die Pflege.“ Zugleich mahnte sie: „Pflegepolitische Reformen müssen konsequenter, schneller und verbindlich umgesetzt werden. Die Herausforderungen in der Versorgung warten nicht.“ Entscheidend sei nun, klare und rechtssichere Handlungskompetenzen für Pflegefachpersonen zu schaffen.

Auch Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, sieht die Befugniserweiterung positiv: „Davon profitiert nicht nur die Pflege, sondern auch die geplante Reform zur Primärversorgung.“ Allerdings kritisierte sie, dass pflegerische Diagnosen bislang nicht einheitlich geregelt seien. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe müsse „umfassende Strukturreformen schnellstmöglich vorlegen“.

Melanie Schlotzhauer, Hamburgs Gesundheits- und Sozialsenatorin (SPD), bezeichnete die Befugniserweiterung als „guten Schritt“, betonte aber: Der Praxistest stehe noch bevor. Diese Skepsis ist berechtigt: Gesetzliche Regelungen auf dem Papier sind das eine – die Umsetzung in der Versorgungsrealität das andere.

 

Wie es weitergeht – Handlungsempfehlungen

Für ambulante Pflegedienste, Intensivpflegedienste und Betreuungsdienste heißt es zunächst: Abwarten, welche konkreten Leistungskataloge die Selbstverwaltung festlegt. Folgende Fragen solltest du im Blick behalten:

  • Welche Leistungen dürfen deine Pflegefachkräfte mit welcher Qualifikation eigenverantwortlich erbringen?
  • Welche Fort- und Weiterbildungen sind erforderlich?
  • Wie werden die neuen Leistungen vergütet und abgerechnet?
  • Welche Dokumentationspflichten entstehen?

Für Heilmittelerbringer gilt: Die TI-Frist ist verschoben – wer sich aber jetzt freiwillig anschließt, ist bestens vorbereitet und profitiert von digitalen Prozessen ohne Zeitdruck.

Die nächsten Monate werden zeigen, wie die Selbstverwaltung die Leistungskataloge ausgestaltet und welche Vergütungsstrukturen entstehen. Beide Branchen sollten diese Entwicklung aufmerksam verfolgen.

 

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