Pflege

Pflegefachassistenz kommt: Bundesrat beschließt neues Berufsfeld

Der Bundesrat hat die bundeseinheitliche Pflegefachassistenz beschlossen. Was sich ändert und wie die Branche reagiert.

Der Bundesrat hat Mitte Oktober das Pflegefachassistenzgesetz (Gesetz über die Einführung einer bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzausbildung und zur Änderung weiterer Gesetze, kurz PflFAssG) final verabschiedet. Damit kommt ab 2027 eine neue, bundesweit einheitliche Qualifikationsstufe in der Pflege – die Pflegefachassistenz. Für ambulante Pflegedienste, Pflegeheime und andere Gesundheitsdienstleister bedeutet das: mehr Planungssicherheit bei der Personalgewinnung, aber auch neue Anforderungen an Ausbildung und Einsatz. Doch während die Politik von einem Meilenstein spricht, sind die Reaktionen aus der Branche gespalten.

 

Was ist die Pflegefachassistenz – und wer macht was?

Die Pflegefachassistenz ist eine neue Qualifikationsstufe, die zwischen der Pflegehilfskraft und der examinierten Pflegefachkraft angesiedelt ist. Sie ersetzt nicht die klassische Pflegehilfskraft, sondern stellt eine weiterentwickelte, qualifiziertere Assistenzfunktion dar.

  • Pflegehilfskraft: Ungelernt oder Kurzqualifizierung (unter einem Jahr), übernimmt einfache pflegerische Tätigkeiten unter Anleitung.
  • Pflegefachassistenz: Ausbildung von rund 18 Monaten, Hauptschulabschluss erforderlich. Führt zugewiesene Pflegemaßnahmen in stabilen Pflegesituationen aus, unterstützt Pflegefachkräfte bei der Grundpflege und bei ausgewählten behandlungspflegerischen Tätigkeiten – jedoch keine eigenverantwortliche Pflegeplanung.
  • Pflegefachkraft: Dreijährige generalistische Ausbildung, mittlerer Bildungsabschluss. Trägt die Verantwortung für den gesamten Pflegeprozess, erstellt Pflegepläne, delegiert Aufgaben und führt komplexe medizinische Behandlungspflege durch.

Was ändert sich konkret?

Das Pflegefachassistenzgesetz schafft erstmals eine bundeseinheitliche Ausbildung für die Pflegefachassistenz. Bisher gab es in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen – von einjährigen bis zu zweijährigen Ausbildungen mit verschiedenen Bezeichnungen wie „Pflegehilfe", „Pflegefachhilfe" oder „Altenpflegehilfe". Diese Vielfalt erschwerte die Anerkennung von Abschlüssen und die Mobilität von Pflegekräften zwischen den Bundesländern.

Ab dem 1. Januar 2027 startet die neue bundeseinheitliche Ausbildung. Die organisatorischen und finanziellen Regelungen treten bereits zum 1. Januar 2026 in Kraft. Die Ausbildung dauert rund 18 Monate und umfasst theoretischen Unterricht an Pflegeschulen sowie praktische Einsätze in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. Ziel ist es, eine qualifizierte Assistenzkraft zu schaffen, die Pflegefachkräfte entlastet und gleichzeitig eine hohe Pflegequalität sicherstellt.

 

Branchenstimmen: Lob und Kritik

Die Reaktionen aus der Pflegebranche fallen gemischt aus. Während viele die bundeseinheitliche Regelung grundsätzlich begrüßen, gibt es deutliche Kritik an der Ausbildungsdauer und den Finanzierungsmodellen.

  • Arbeitgeberverband Pflege (AGVP): Der Verband kritisiert die 18-monatige Ausbildungsdauer scharf. „Eine einjährige Qualifizierung wäre sinnvoller", argumentiert der AGVP. Viele Interessierte, die bereits im Berufsleben stehen, könnten sich keine eineinhalbjährige Ausbildung mit reduziertem Gehalt leisten. Best-Practice-Beispiele wie Nordrhein-Westfalen zeigten, dass eine zwölfmonatige Ausbildung ausreiche, um Pflegefachkräfte wirksam zu entlasten. Der AGVP fordert zudem, die Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen der Pflegebedürftigen herauszulösen und über die Länder zu finanzieren.
  • Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK): Der DBfK sieht die Pflegefachassistenz grundsätzlich positiv, warnt aber vor einer „Deprofessionalisierung" der Pflege. Die neue Qualifikation dürfe nicht dazu führen, dass Pflegefachkräfte durch günstigere Assistenzkräfte ersetzt werden. Der Verband betont, dass die Verantwortung für komplexe Pflegeprozesse weiterhin bei examinierten Pflegefachkräften liegen müsse. Zudem fordert der DBfK eine klare Abgrenzung der Tätigkeitsfelder und eine ausreichende Anzahl an Ausbildungsplätzen.
  • Paritätischer Wohlfahrtsverband: Der Paritätische begrüßt die bundeseinheitliche Regelung als „überfälligen Schritt". Besonders wichtig sei die Durchlässigkeit: Absolventen der Pflegefachassistenz sollen ihre Ausbildung auf die dreijährige Pflegefachausbildung anrechnen lassen können. Der Verband kritisiert jedoch die unklare Finanzierung der Ausbildung und fordert eine bundesweite Ausbildungsumlage, um kleinere Pflegedienste nicht zu benachteiligen.
  • Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG): Die DKG sieht die Pflegefachassistenz als wichtigen Baustein, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Allerdings mahnt die Krankenhausgesellschaft an, dass die Ausbildung praxisnah gestaltet werden müsse. Zudem brauche es klare Vorgaben, in welchen Bereichen Pflegefachassistenzen eigenständig arbeiten dürfen und wo zwingend eine Fachkraft erforderlich ist. Die DKG fordert außerdem eine Anpassung der Personalbemessungsverordnung, damit Pflegefachassistenzen bei der Personalberechnung berücksichtigt werden.
  • Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa): Der bpa begrüßt die Harmonisierung grundsätzlich, kritisiert aber fehlende Ressourcen: Die gleichen Rahmenbedingungen wie bei der dreijährigen Ausbildung – etwa bei Praxisanleitung und Lehrkräftequalifikation – sollen gelten, ohne zusätzliche personelle Kapazitäten bereitzustellen. Damit drohe die neue Ausbildung zur Konkurrenz der Pflegefachausbildung zu werden. Positiv wertet der bpa erreichte Verbesserungen: verkürzte Ausbildungsdauer (18 statt 24 Monate), erweiterte Zugangsmöglichkeiten ohne formalen Schulabschluss und Anrechnung einschlägiger Berufserfahrung.

Ausblick: Fachkräftesicherung oder Flickenteppich 2.0?

Das Pflegefachassistenzgesetz ist ein Schritt in Richtung bundeseinheitlicher Standards. Ob die neue Qualifikation tatsächlich den Fachkräftemangel lindert, hängt jedoch von vielen Faktoren ab: der Attraktivität der Ausbildung, der Vergütung, der Finanzierung und nicht zuletzt davon, wie klar die Abgrenzung zwischen Pflegefachkräften und Assistenzkräften in der Praxis gelingt.

Für ambulante Pflegedienste und Pflegeheime heißt es jetzt: Ab 2027 können sie auf eine bundesweit anerkannte Assistenzkraft setzen – vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen. Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Länder ausreichend Ausbildungsplätze schaffen und ob die Finanzierung tragfähig ist. Bis dahin bleibt die Pflegefachassistenz ein Hoffnungsträger – mit offenem Ausgang.

 

Quelle: Bundesregierung am 17.10.2025

 

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