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Pflegegesetze beschlossen – doch die Branche fordert mutigere Reformen

Die neuen Pflegegesetze bringen mehr Kompetenzen und eine einheitliche Assistenzausbildung. Die Verbände zeigen sich verhalten optimistisch.

Das Bundeskabinett hat am 6. August 2025 zwei weitreichende Gesetzesentwürfe für die Pflegebranche beschlossen: das Pflegefachassistenzgesetz (PflFAssG) und das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege (ehemals Pflegekompetenzgesetz). Beide Gesetze zielen darauf ab, die Pflege zu modernisieren, Fachkräfte zu entlasten und den Beruf attraktiver zu machen. Doch was bedeuten diese Neuerungen konkret für ambulante Pflegedienste, Pflegeheime und andere Pflegeeinrichtungen? Und wie bewerten die wichtigsten Branchenverbände die Änderungen?

Pflegefachassistenzgesetz: Einheitliche Standards

Das neue Pflegefachassistenzgesetz ersetzt die bisher 27 verschiedenen landesrechtlichen Pflegehilfe- und Pflegeassistenzausbildungen durch eine bundesweit einheitliche, generalistische Ausbildung zur Pflegefachassistenz. Ab dem 1. Januar 2027 wird die neue 18-monatige Vollzeitausbildung starten, wobei auch Teilzeit und Verkürzungen bei entsprechender Berufserfahrung möglich sind.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

  • Erweiterte Aufgaben: Pflegefachassistenzpersonen können künftig mehr Aufgaben eigenständig übernehmen, auch im Bereich der medizinischen Behandlungspflege

  • Bundesweite Mobilität: Einheitliche Standards ermöglichen den einfachen Wechsel zwischen den Bundesländern

  • Ausbildungsvergütung: Alle Auszubildenden erhalten künftig eine angemessene Vergütung

  • Durchlässigkeit: Verkürzte Weiterqualifizierung zur Pflegefachkraft und Anschlussfähigkeit zum Pflegestudium

  • Vereinfachte Anerkennung: Ausländische Abschlüsse werden mit Kenntnisprüfung oder Anpassungslehrgang anerkannt

 

Gesetz zur Befugniserweiterung: Mehr Eigenverantwortung für Pflegekräfte

Das zweite Gesetz erweitert die Befugnisse von Pflegefachpersonen erheblich. In den Bereichen Demenz, Diabetes und chronische Wunden dürfen qualifizierte Pflegefachkräfte künftig bestimmte heilkundliche Tätigkeiten eigenständig ausüben – ohne ärztliche Anordnung.

Weitere wichtige Änderungen:

  • Präventionsempfehlungen: Pflegefachpersonen dürfen direkt Empfehlungen zur Sturzprophylaxe oder Ernährung aussprechen

  • Bürokratieabbau: Pflegedokumentation wird auf das notwendige Maß begrenzt

  • Seltene Qualitätsprüfungen: Bei hohem Qualitätsniveau werden Prüfintervalle von ein auf zwei Jahre verlängert

  • Digitalisierung: Verfahren für digitale Pflegeanwendungen (DiPA) werden beschleunigt

  • Innovative Wohnformen: Neue rechtliche Rahmenbedingungen für gemeinschaftliche Wohnformen

 

Branchenverbände: Verhalten optimistisch

Die Reaktionen der Pflegeverbände zeigen ein gemischtes Bild – grundsätzlich positiv, aber mit deutlichen Nachbesserungsforderungen.

Der GKV-Spitzenverband unterstützt die Stärkung der Pflegeberufe grundsätzlich. Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender des Verbands, erklärt: „Das Know-how in der Pflege ist da und muss besser für die Versorgung genutzt werden.“ Er kritisiert jedoch die erneute Finanzierung über die Pflegebedürftigen statt über Bund und Länder: „Völlig unverständlich ist für uns, dass die Kosten für die Ausbildung einmal mehr ungerechterweise auf die Pflegebedürftigen und Beitragszahlenden abgewälzt werden.“

Die Ersatzkassen (vdek) sehen die Befugniserweiterung als wichtigen Baustein für eine zukunftsfeste Versorgung. Ulrike Elsner vom Verband der Ersatzkassen betont besonders den geplanten Bürokratieabbau: „Das verschafft dem Pflegepersonal mehr Zeit für die eigentliche Pflege, ohne dass Qualitätseinbußen zu erwarten sind.“ Kritisch äußert sie sich jedoch zu den Vorschlägen für gemeinschaftliche Wohnformen: „Die geplante Regelung ist unnötig komplex und für die Pflegebedürftigen wenig attraktiv.“

Pflegenahe Verbände fordern mutigere Reformen

Während Krankenkassen und Kostenträger die Gesetze überwiegend begrüßen, zeigen sich die pflegenahen Verbände deutlich kritischer. Sie sehen zwar wichtige Fortschritte, fordern aber weiterreichende Reformen:

  • Deutscher Pflegerat: Christine Vogler, Präsidentin des Verbands, bewertet beide Gesetze als wichtiges Signal zur Stärkung der Pflegeprofession. Sie sieht das Gesetz zur Befugniserweiterung als Meilenstein: „Das Gesetz zur Befugniserweiterung verankert erstmalig die Profession Pflege als eigenständigen Heilberuf fest in der Gesundheitsversorgung.“ Dennoch fordert sie eine entschlossene Umsetzung mit echten Mitgestaltungsrechten für die Pflegeverbände.

  • Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK): Die Gesetze werden zwar als Meilenstein bezeichnet, bleiben aber kritisch bei den Details. DBfK-Präsidentin Vera Lux bemängelt die Ausbildungsdauer der Pflegefachassistenz: „Eine 18-monatige Ausbildung ist zu kurz, um die notwendige Qualität zu sichern. Wir plädieren für eine Dauer von 24 Monaten.“ Zudem lehnt der DBfK den Zugang ohne Schulabschluss ab, da dies „erhebliche Risiken für den Ausbildungserfolg“ berge.

  • Der Paritätische Gesamtverband: Der Verband begrüßt die bundeseinheitliche Pflegefachassistenzausbildung als „lange überfällig“, mahnt aber eine bessere Synchronisierung mit der Pflegefachkraftausbildung an. Gleichzeitig kritisiert er scharf: „Die beabsichtigten Regelungen zur Entbürokratisierung bleiben hinter dem Notwendigen und den Möglichkeiten zurück. Wir brauchen Entbürokratisierung in der Pflege auf einem ganz anderen Level.“

 

Was bedeutet das für die Praxis?

Für Pflegeeinrichtungen und ambulante Dienste ergeben sich konkrete Handlungsfelder:

Personalplanung anpassen: Die neue Pflegefachassistenz wird fester Bestandteil des Personalmix. Führungskräfte sollten die erweiterten Delegationsmöglichkeiten in ihre Personalentwicklung einbeziehen.

Weiterbildung planen: Pflegefachkräfte benötigen entsprechende Qualifikationen, um die neuen heilkundlichen Befugnisse ausüben zu können. Die konkreten Anforderungen werden bis April 2027 in Verträgen der Selbstverwaltung festgelegt.

Dokumentation überdenken: Die angekündigte Begrenzung der Pflegedokumentation und die längeren Prüfintervalle bei hoher Qualität können den Verwaltungsaufwand spürbar reduzieren.

Fazit: Wichtiger Schritt, aber noch Luft nach oben

Die beiden Pflegegesetze markieren einen wichtigen Fortschritt für die Professionalisierung der Pflege. Erstmals werden Pflegefachkräfte als eigenständiger Heilberuf anerkannt und erhalten mehr Entscheidungsbefugnisse. Die bundeseinheitliche Pflegefachassistenzausbildung schafft klare Standards und verbessert die Mobilität.

Dennoch bleibt Skepsis: Viele Verbände sehen die Gesetze als ersten Schritt, fordern aber mutigere Reformen bei der Finanzierung, dem Personalmangel und den Arbeitsbedingungen. Ob die neuen Regelungen tatsächlich zu einer spürbaren Entlastung im Pflegealltag führen, wird die praktische Umsetzung zeigen müssen.

 

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