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Fakten und Infos: Alles zum Pflegebetrug in der ambulanten Pflege

Die seit Tagen anhaltenden Diskussionen um Betrügereien einzelner Pflegedienste nimmt DMRZ.de zum Anlass, die wichtigsten Fakten und Infos zusammenzustellen.

Erschwindelte Leistungen, erfundene Kranke, systematische Falschabrechnungen: Pflegedienste haben die Sozialkassen um Milliarden geschröpft. Im Visier des Bundeskriminalamtes (BKA) sind vor allem russische Firmen – und ihre Patienten.

Die seit Tagen anhaltenden Diskussionen um Betrügereien einzelner Pflegedienste nimmt das DMRZ.de zum Anlass, die wichtigsten Fakten und Informationen zusammenzustellen.

Warum sollte die Pflegebranche nicht unter Generalverdacht gestellt werden?

Natürlich machen sich jetzt viele Menschen Gedanken, ob bei dem Pflegedienst, der vielleicht die eigenen Angehörigen pflegt, auch solche Betrügereien laufen. Eine Verallgemeinerung ist aber in jedem Fall zu verhindern, sagt der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK).

„Der weit überwiegende Teil der Pflegedienste und Pflegefachpersonen in Deutschland arbeitet völlig korrekt und gesetzeskonform. Das Vertrauen der Bevölkerung in deren gute Arbeit ist hoch – zu Recht. Dass jetzt wieder einmal durch Raffgier und Skrupellosigkeit einzelner eine ganze Berufsgruppe in Verruf gerät, ist höchst bedauerlich“, sagt DBfK-Präsidentin Prof. Christel Bienstein.

Ist dieser Leistungsbetrug neu?

Nein. Es ist schon seit Jahren bekannt, dass das deutsche Pflegesystem kriminelle Banden zum Betrügen und Manipulieren geradezu einlädt. Bisher aber sind Experten von einer überschaubaren Zahl von Einzelfällen ausgegangen, nicht von systematischen, organisierten kriminellen Strukturen vor allem russischer Pflegedienste. „Es kann sein, dass wir bisher nur die Spitze des Eisberges sehen. In welchem Ausmaß es hier Betrug gegeben hat, muss jetzt schnell aufgeklärt werden“, sagte Karl-Josef Laumann (CDU), Pflegebeauftragter der Bundesregierung, der Neuen Passauer Presse.

Wie wird in der Pflege betrogen?

Die Betrugsmaschen sind sehr einfach. So fälschen Täter beispielsweise Nachweise in Form von Pflege-Protokollen und rechnen nicht erbrachte Leistungen zum Nachteil der Sozialkassen und der Kommunen ab. Oder sie schulen vermeintliche Patienten, um die Prüfer des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) und den Sozialfachdienst über die tatsächliche Pflegebedürftigkeit der Betroffenen zu täuschen.

Zusätzlich wurden bei den in den Medien behandelten Fällen die Pflegedokumentationen mangelhaft erstellt.

Warum sind diese Betrugsmaschen so einfach?

Das öffentliche Gesundheitswesen ist besonders anfällig für Korruption, weil es intransparent und komplex ist. Das hat die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International schon vor Jahren festgestellt. Vor allem die komplizierten Regelungen für die Abrechnung von Einzelleistungen der Pflege würde es den Täter leicht machen, so Wolfram-Arnim Candidus, Präsident der „Bürger Initiative Gesundheit“. „Die ausufernde Vielfalt der Vorschriften für die Pflegeleistungen, die in individueller Form für einen Pflegebedürftigen erbracht werden, führen automatisch zu der Auslegung der Falschabrechnung von Pflegeleistungen oder Pflegeaufwand.“

Aus welchen Quellen kommen die Informationen zu den aktuellen Betrugsfällen?

Die Zeitung „Welt am Sonntag“ und das Rechercheteam des Bayerischen Rundfunks hatten berichtet, dass Ermittler des Bundeskriminalamts (BKA) offenbar einen riesigen Abrechnungsbetrug in der Pflege aufgedeckt haben. Demnach sollen ambulante Pflegedienste im großen Stil einen Schaden für die Sozialkassen in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich verursacht haben. Bei den jetzt öffentlich gemachten Fällen soll es so gewesen sein, dass sich die Verbrecher aus den Pflegediensten ihr erschlichenes Geld mit den Verwandten von Koma- und Beatmungspatienten geteilt haben.

Macht es der Pflegenotstand in Deutschland kriminellen Banden leicht?

Ja. Seit Monaten setzt sich die Koalition zum Beispiel für eine Reform der Ausbildung ein, damit mehr junge Menschen für eine Tätigkeit in der Pflege entscheiden. Denn statt qualifizierter Fachkräfte setzen Pflegedienste oft unqualifiziertes Personal ein. „Dass wir insgesamt gezwungen sind, russische Pflegekräfte oder solche aus anderen Nationen einzusetzen, liegt an der mangelhaften Politik der letzten drei Jahrzehnte“, kritisiert Wolfram-Arnim Candidus. „Die Ausbildung zur Pflege wurde trotz steigendem Pflegebedarf vernachlässigt und gleichzeitig die Vergütung unzureichend geregelt.“

Warum sind die Kontrollen in der Pflegebranche nicht ausreichend?

Unangemeldete Kontrollen der ambulanten Pflegedienste durch die Krankenkassen sind nur sehr eingeschränkt möglich. Prüfer des MDK (Medizinischen Dienst der Krankenversicherung) dürfen in den Wohnungen der Patienten lediglich kontrollieren, ob von der Pflegekasse finanzierte Leistungen tatsächlich erbracht werden. Nicht aber, wenn die Leistungen von Krankenkassen finanziert werden. Aus deren Mitteln wird beispielsweise die Pflege schwerstkranker Intensivpatienten überwiegend bezahlt.

„In Einzelfällen, wenn es einen begründeten Verdacht gibt, kann auch heute schon unangemeldet bei ambulanten Pflegediensten kontrolliert werden. Kontrollen in Privatwohnungen sind allerdings schwierig, wegen des besonderen Schutzes der eigenen vier Wände“, sagt Laumann (CDU), Pflegebeauftragter der Bundesregierung der Neuen Passauer Presse.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe verspricht sich im Gespräch mit der Zeitung „Die Welt“ Unterstützung auch von Angehörigen der Pflegebedürftigen. „Ich fordere aber auch die Angehörigen der Pflegebedürftigen auf, auf ihre Pflegekasse zuzugehen, wenn sie einen Verdacht haben – zum Beispiel, wenn eine angeblich ausgebildete Fachkraft am Bett sitzt, mit der sie sich aber kaum verständigen können. Solche anlassbezogenen Kontrollen sind den Kassen heute schon möglich.“

Wie können Angehörige und Pflegepatienten gute von schlechter Pflegeleistung unterscheiden?

Auch nicht ausgebildete Angehörige können erkennen, ob gute oder schlechte Pflegeleistung erbracht wird. „Durch einen kontinuierlichen persönlichen Kontakt zu dem Pflegebedürftigen“, ergänzt Wolfram-Arnim Candidus. „Bei der Selektion des Pflegedienstes stehen dem Pflegebedürftigen und Angehörigen der behandelnde Mediziner / Therapeut zur Verfügung. Lediglich die qualifizierten Aufgaben der Pflege müssen und sollten individuell von Pflegekräften durchgeführt werden. Sollte die Versorgungsqualität unzureichend sein, so muss der Angehörige in Kontakt zur Pflegekraft treten oder zur Institution, in der die Pflege erbracht wird. Ferner kann der Medizinische Dienst zur Prüfung der Pflegeleistungen hinzugezogen werden.“

Wie reagiert die Politik auf den Pflege-Betrug?

In der Pflegeversicherung hat die Bundesregierung nach eigenen Worten mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz zum 1. Januar dieses Jahres klare Regelungen zur Bekämpfung von Abrechnungsbetrug und Qualitätsmängeln geschaffen. Damit sollen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen künftig besser vor kriminellem Handeln geschützt werden.

Die Einzelheiten zur Bekämpfung von Pflegebetrug sind:

  1. Anlassprüfungen – bei Anzeichen von Qualitätsmängeln, Betrug etc. – können auch in der ambulanten Pflege vom Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) wieder unangemeldet durchgeführt (§ 114a Abs. 1 SGB XI) werden.
  2. Die bisher bereits bestehende Möglichkeit des MDK, die Abrechnungen zu prüfen, wird in eine Pflichtaufgabe umgewandelt, die bei allen Regelprüfungen zu erfolgen hat (§ 114 Abs. 2 Satz 6 SGB XI).
  3. Bereits mit dem Ersten Pflegestärkungsgesetz wurde zum 1. Januar 2015 die Nachweispflicht für die Kostenerstattung in der Verhinderungspflege (§ 39 Abs. 1 SGB XI) geschärft. Hier waren in der Vergangenheit Missbrauchsfälle bekannt geworden. Schon 2013 wurden mit den Assistenzpflegegesetz im SGB XI die Vorschriften zur Zusammenarbeit und zum Datenaustausch zwischen Pflegekassen, Krankenkassen und Sozialhilfeträgern in Betrugsfällen / bei Fehlverhalten neu geregelt. Dadurch dürfen personenbezogene Daten untereinander ausgetauscht werden, soweit dies für die Feststellung und Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen erforderlich ist (§ 47a SGB XI).
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