KI in der pflege
Pflege

KI statt Roboter: Was Pflegekräfte von neuen Technologien wirklich erwarten können

Medizinethiker und Pflegeexperten sind sich einig: Humanoide Roboter werden den Pflegealltag nicht revolutionieren. Vielversprechender sind KI-gestützte Systeme, die bereits heute konkret entlasten können.

Der Pflegealltag ist hart – das weiß jede Pflegefachkraft. Zwischen Dokumentation, Medikamentengabe und der eigentlichen Betreuung bleibt oft zu wenig Zeit für das Wesentliche: die zwischenmenschliche Zuwendung. Kein Wunder also, dass die Hoffnungen auf technische Unterstützung groß sind. Doch was können Roboter und KI-Systeme heute wirklich leisten? Deutsche Experten ziehen eine ernüchternde, aber auch hoffnungsvolle Bilanz.

 

Realitätscheck: Soziale Roboter binden mehr Ressourcen als sie schaffen

„Soziale Roboter können gegenwärtig keine einzige Pflegekraft entlasten“, bringt es Robert Ranisch auf den Punkt. Der Medizinethiker von der Universität Potsdam hat soziale Robotersysteme wie „Navel“ untersucht, die bereits vereinzelt in deutschen Pflegeeinrichtungen zum Einsatz kommen. Sein Fazit ist eindeutig: „Dass sie eine Pflegekraft ersetzen können, ist Science-Fiction. Vielleicht wird das eines Tages möglich sein, aber nicht im Jahr 2025.“

Diese Einschätzung teilt Martin Schnellhammer vom Forschungsnetzwerk Living Lab in Osnabrück. Der Pflegeexperte sieht den Einsatz humanoider Roboter wie „Pepper“ kritisch: „Pepper kommt über einen bestimmten Spaßfaktor noch nicht hinaus.“ Das Problem: In der Regel müsse der Roboter-Einsatz von einer Pflegekraft oder einem Therapeuten begleitet werden – selbst bei scheinbar einfachen Aufgaben wie der Anleitung von Seniorengymnastik.

Funktionale Lösungen statt menschenähnliche Gestalten

Prof. Martina Mara vom Robopsychology Lab der Universität Linz plädiert für einen Perspektivwechsel: „Wir dürfen uns ruhig vom Klischee des humanoiden Roboters entfernen, der Pflegebedürftigen den Arm tätschelt und Witze erzählt.“ Stattdessen sollten wir kreativer über technische Unterstützung nachdenken.

Ihre Beispiele zeigen, wo die Zukunft liegt: Ein Pflegebett, das sich automatisch an ergonomische Bedürfnisse anpasst. Exoskelette, die Pflegekräfte beim schweren Heben unterstützen und Rückenschmerzen vorbeugen. Oder Assistenzsysteme, die älteren Menschen helfen, länger eigenständig ihre Körperhygiene zu bewältigen – ohne emotionale Nähe oder Schamgefühle auszulösen.

 

KI punktet bei Datennutzung und Prozessautomatisierung

Während humanoide Roboter noch an ihre Grenzen stoßen, zeigen KI-gestützte Systeme bereits heute konkreten Nutzen. Schnellhammer nennt den intelligenten Hausnotruf als Paradebeispiel: Das System überwacht Bewegungsmuster von Bewohnern und erkennt automatisch Abweichungen. „Kommt es zu Abweichungen von zuvor hinterlegten typischen Bewegungsmustern, erkennt die Technik einen Notfall, etwa einen Sturz, und es wird ein Alarm ausgelöst.“

Für ambulante Pflegedienste besonders interessant: „Das entlastet pflegende Angehörige oder auch das Personal in stationären Einrichtungen, weil die Kontrolle durch die Technik lückenlos ist.“ Gerade bei der Betreuung von Menschen mit Demenz oder Sturzgefährdung kann dies eine erhebliche Entlastung bedeuten.

 

Datenaustausch als Schlüssel für effiziente Pflege

Den größten Hebel sieht der Osnabrücker Experte im Datenaustausch zwischen Pflege und Medizin: „Wir brauchen dringend den Datenaustausch zwischen Pflege und Medizin, weil die gemeinsam einen Prozess bilden müssen.“

Konkret bedeutet das: KI-Systeme sollen lernen, relevante Datensätze für den behandelnden Arzt zu identifizieren und automatisch zu übermitteln. „Das heißt vereinfacht gesagt, dass die Systeme lernen müssen, wann bei Auffälligkeiten der Arzt zu informieren ist. Und zwar automatisch.“

Für ambulante Pflegedienste könnte dies die Dokumentationslast erheblich reduzieren und gleichzeitig die medizinische Versorgung verbessern.

 

Praxisblick: Was in Taiwan bereits funktioniert

Einen Einblick in die praktische Umsetzung gibt Alice Lin von Foxconn. Ihr Team entwickelt den Nurabot, einen der weltweit fortschrittlichsten Versorgungsroboter, der bereits im Smart Hospital Taiwan getestet wird. Das Besondere: „Es handelt sich um einen kollaborativen Serviceroboter, der insbesondere bei wiederkehrenden logistischen Aufgaben im Klinikalltag zum Einsatz kommt, wie z.B. der Lieferung von Medikamenten und Proben.“

Der Roboter übernimmt also genau die Aufgaben, die Prof. Mara empfiehlt: repetitive, körperlich belastende oder organisatorische Tätigkeiten. „Ziel des Designs ist es nicht, menschliche Interaktion zu ersetzen, sondern das Pflegepersonal bei sich wiederholenden logistischen Aufgaben zu entlasten, damit mehr Zeit für komplexe und emotionale Pflege bleibt.“

Was bedeutet das für deutsche Pflegeeinrichtungen?

Die Botschaft der Experten ist klar: KI und Robotik können die Pflege unterstützen – aber anders als oft erwartet. Schnellhammer fasst es so zusammen: „KI ist überlegen bei Überwachungsaufgaben, Prozesssteuerung und Dokumentation.“

Für Pflegedienstleitungen bedeutet das konkret:

Kurzfristig sinnvoll:

  • Intelligente Hausnotrufsysteme für Kunden
  • KI-gestützte Dokumentationshilfen
  • Automatisierte Kommunikation mit Ärzten
  • Smarte Sensoren zur Sturzerkennung

Weniger prioritär:

  • Humanoide Roboter für Unterhaltung
  • Soziale Roboter als Gesprächspartner
  • Komplexe Pflegeroboter für direkten Patientenkontakt

Prof. Mara betont dabei einen wichtigen Aspekt: „Pflegeroboter und andere Assistenzsysteme sollten so gestaltet sein, dass sie repetitive, körperlich belastende oder organisatorische Aufgaben übernehmen können, um Pflegekräften Ressourcen für empathisch anspruchsvolle Teile ihrer Arbeit freizuschaufeln.“

 

Fazit: Technik als Wegbereiter für mehr Menschlichkeit

Die Einschätzungen der deutschen Experten zeigen: Die Zukunft der Pflege liegt nicht in menschenähnlichen Robotern, sondern in intelligenten Systemen, die im Hintergrund arbeiten. Sie dokumentieren, überwachen, informieren und transportieren – damit Pflegekräfte das tun können, wofür sie in den Beruf gegangen sind: für Menschen da sein.

Wie Schnellhammer es ausdrückt: „Pflege ist und bleibt auf das Fundament der menschlichen Zuwendung gebaut. Aber man sollte die Probleme lösen, die man mittels Technik in der Pflege lösen kann.“

 

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