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Telematikinfrastruktur

Hoher Bedarf, aber schleppender Start: Die elekronische Patientenakte (ePA)

2025 kommt die elektronische Patientenakte (ePA) für alle, eine Datenspende erfolgt automatisch. Eine Studie zeigt, was die Deutschen davon halten.

Seit Januar 2021 besteht für alle Versicherten in Deutschland prinziell die Möglichkeit, die ePA, die elektronische Patientenakte, zu nutzen. Hierbei handelt es sich um eine Ergänzung der üblichen, praxisinternen Akte, die für jede:n Patient:in geführt wird. Doch im Gegensatz dazu ist die ePA sicher in der Cloud der Telematikinfrastruktur eingebettet und kann auch nur von befugten Ärzt:innen oder Therapeut:innen eingesehen werden. Die Krankenkassen selber haben keinen Zugriff darauf und die Patient:innen haben die volle Kontrolle darüber, was in die ePA rein soll und wer diese anschauen darf. Zukünftig lassen z. B. auch das Zahnbonusheft, der Impfausweis oder auch der Mutterpass in die ePA einbringen. Sinn der ePA: Das schnellere Bereitstellen der Daten an den:die jeweilige:n (Fach-)Ärzt:in.

Mit dem Digital-Gesetz (DigiG) und dem Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (oder auch Gesundheitsdatennutzungsgesetz, GDNG) hat sich in Sachen ePA im letzten Dezember etwas getan:

  • Ab Januar 2025 ist die ePA nicht mehr freiwillig, sondern wird allen Versicherten automatisch zur Verfügung gestellt. (Wobei nach wie vor, jede:r selbst bestimmen darf, was dort rein soll – und ob dort was rein soll.)

  • Bisher konnte man auf freiwilliger Basis Gesundheitsdaten für die Forschung zur Verfügung stellen (aktive Zustimmung, ein sogenanntes Opt-in-Verfahren). Selbstverständlich sind diese Daten pseudonymisiert. Durch das GDNG wird dies – unter anderem in Bezug zur ePA – nun automatisch geschehen. Aber man kann dem jederzeit widersprechen (Widerspruchslösung, ein Opt-Out-Verfahren). Diese Form hätte für das deutsche Gesundheitssystem den Vorteil, möglichst viele Daten für die Forschung zu erhalten. Die Krankenkassen sind aber auch in der Pflicht, die Versicherten über die Möglichkeit, des Widerspruchs umfassend aufzuklären.

Zum Thema ePA und zu der allgemeinen Bereitschaft der Datenspende hat nun die Ernst-Abbe-Hochschule Jena eine repräsentative Studie veröffentlicht.

Die meisten haben bereits von der ePA gehört – doch die wenigsten nutzen sie

In Zusammenarbeit mit einem Umfrage-Institut wurde im Dezember 2023 eine Telefonumfrage durchgeführt. Die Studie, veröffentlicht im März, hat ergeben: Die meisten haben bereits von der ePA gehört (75,94 %), aber die wenigsten nutzen sie bereits (9,38 %).

Grundsätzlich lässt sich sagen: Am besten informiert sind hier die älteren Bürger. Je jünger die Befragten, desto größer ist die Gruppe derjenigen, die noch nie etwas von der ePA gehört haben (27,86 % der 18- bis 29-Jährigen). Aber: Von der ePA Gebrauch gemacht haben hingegen eher die Jüngeren (bis 40 Jahre). Das verwundert nicht, denn im Gegensatz zu vielen Senioren wissen die „Digital Natives“ die technischen Hürden oft besser zu meistern.

Warum die ePA nur langsam anläuft

Die Studie nennt unter anderem folgende Gründe, warum die ePA (die ja aktuell noch rein freiwillig ist) so stockend zum Einsatz kommt.

  • Der Wille ist da – gerade bei den Älteren – aber die technischen Hürden sind oft zu hoch. 58 Prozent der Menschen ab 70 wollen die ePA verwenden (mehr als bei den jüngeren Befragungsgruppen), aber nur 6,26 Prozent tut dies derzeit auch.

  • Auch der Bildungstand spielt eine Rolle: 12,8 Prozent derer mit höherem Bildungsstand haben bisher die ePA genutzt, aber bei denen mit niedrigem oder mittlerem Bildungsstand sind es nur halb so viele (6,5 %). Dabei ist der Bedarf bei allen Bildungsschichten gleich hoch.

  • Außerdem: Auch in den Ärzt:innenpraxen tun sich Hürden auf, die ePA zu pflegen. Aufgrund von fehlenden Ressourcen und zu hohen bürokratischen Anforderungen ist die ePA aktuell nicht besonders attraktiv unter den Ärzt:innen. Beispielsweise Dr. Michael Hubmann, Präsident des Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ), begrüßt an sich die ePA. „Was das neue Digitalgesetz jedoch in Bezug auf die ePA-Befüllung vorsieht, ist ein nicht-praktikabler Vorschlag aus dem Elfenbeinturm der Politik.“ Weiter sagt Dr. Hubmann: „Bevor irgendwelche Zeitvorgaben gemacht werden, muss erst gewährleistet sein, dass die Arbeit mit der ePA reibungslos funktioniert. Davon sind wir weit entfernt.“

Jede:r Zweite findet die Datenspende für Forschungszwecke gut

Wie oben beschrieben, ist auch die Weitergabe der Daten aus der ePA in pseudonymisierter Form vorgesehen. Fast jede:r Zweite befürwortet dies, nur jede:r Vierte lehnt dies ab. „Für das Vorhaben der Bundesregierung, Patient:innendaten über die ePA zu sammeln und für Forschungszwecke freizugeben, sind das gute Voraussetzungen“, heißt es in der Veröffentlichung zu der Studie der Hochschule Jena.

Aber: Nicht mal die Hälfte (48 %) mag die Option der Widerspruchslösung (Opt-out), die meisten (88 %) hätten leiber eine Opt-In-Lösung – so wie es bisher auch ist. Nachteil aus wissenschaftlicher Sicht wäre dann aber, dass die Datenmenge für die Forschung weit geringer ausfallen dürfte. „Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse sollte die Politik für ein möglichst einfaches Widerspruchsverfahren sorgen und die Bevölkerung ausgewogen informieren, um die Akzeptanz und Zustimmung zur ePA nicht zu gefährden“, urteilt hierzu Prof. Dr. Felix Wilke. Er ist einer der Köpfe hinter der Studie und aus dem Fachbereich Sozialwesen der Ernst-Abbe-Hochschule Jena.

Erwähnenswert ist, dass unter den Befragten mit einer chronischen körperlichen Krankheit – wie z. B. Diabetes oder einer Herz-Kreislauf-Erkrankung – die Bereitschaft für die Opt-Out-Lösung weit höher ist. 54,57 Prozent der chronisch Erkrankten finden die Opt-out-Option gut. Denn fast drei von vier chronisch Erkrankten erhoffen sich durch ihre Datenspende Vorteile für eigene Gesundheit. Kurz gesagt: Tausche pseudonomysierte Daten für Forschungszwecke gegen eine verbesserte Versorgung und eine erhöhte Chance auf Heilung.


Die Studie „Meine Gesundheitsdaten für die Forschung?“

 

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