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Pflege

Ausländische Pflegefachkräfte in Deutschland: Unerlässlich! Aber auch willkommen?

Jede sechste Pflegekraft kommt aus dem Ausland – doch viele fühlen sich nicht wirklich willkommen. Was läuft schief bei der Integration?

Deutschland ist auf internationale Pflegefachkräfte angewiesen. 16,2 Prozent aller Pflegenden haben eine ausländische Staatsbürgerschaft – das sind 271.000 Menschen, die täglich in Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Diensten arbeiten. Doch wie geht es ihnen wirklich? Die aktuelle Umfrage „Pflege, wie geht es dir?“ 2025 des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK) zeichnet ein ernüchterndes Bild.

Die harte Realität: Potenzial wird verschwendet

„Es ist bezeichnend, dass 77 Prozent der Kolleg:innen hier in Deutschland weniger Befugnisse als in ihrem Herkunftsland haben“, kritisiert Dr. Bernadette Klapper, Bundesgeschäftsführerin des DBfK. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 39 Prozent würden anderen Kolleg:innen nicht empfehlen, in Deutschland im Pflegeberuf zu arbeiten.

Besonders problematisch sind die langwierigen Anerkennungsverfahren. Derzeit würden rund 11.000 fertig ausgebildete Pflegekräfte aus anderen Ländern teils seit Monaten im sogenannten Anerkennungsverfahren feststecken. Bei Ausgleichsmaßnahmen vergehen bei 50 Prozent der Fälle bis zu 426 Tage bis zur endgültigen Anerkennung.

 

Bürokratie bremst Fachkräfte aus

Zum großen Teil arbeiten die Pflegenden, um die es geht, laut des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) schon jetzt in deutschen Pflegeheimen und Krankenhäusern – allerdings als sogenannte Hilfskräfte. Das bedeutet: Hochqualifizierte Fachkräfte dürfen nicht eigenverantwortlich arbeiten, obwohl sie die nötigen Kompetenzen mitbringen.

Der bpa würde auf mehrere tausend neue Pflegeheimplätze kommen, wenn jene 5.500 Pflegefachkräfte sofort die erforderliche Arbeitserlaubnis bekämen.

 

Vereinfachung durch Kompetenzvermutung

Als Lösung schlägt der bpa die sogenannte Kompetenzvermutung vor: Internationale Pflegekräfte mit mindestens dreijähriger Ausbildung und ausreichenden Sprachkenntnissen würden sofort als Fachkräfte arbeiten dürfen. Die offizielle Anerkennung könnte dann parallel erfolgen. Laut Verband wäre dies innerhalb weniger Tage per Verordnung vom Bundesgesundheitsministerium umsetzbar.

Diskriminierung ist alltägliche Realität

Die Umfrage des DBfK zeigt auch ein weiteres gravierendes Problem: 82 Prozent der Befragten mit internationalem Hintergrund sagten, dass sie im Berufsalltag gelegentlich nicht ernst genommen – 25 Prozent sogar häufig. Und 79 Prozent gaben an, dass ihre Kompetenz manchmal oder gar öfters angezweifelt wurde. Noch erschreckender: Mindestens jede:r Zweite (53 Prozent) hat im Berufsalltag rassistische Beleidigungen und 56 Prozent haben sogar körperliche Angriffe erlebt.

„Wer in Deutschland regelmäßig Diskriminierung, Rassismus und Anfeindungen erlebt, wird nicht dauerhaft hier bleiben“, warnt Klapper. „Das Leben unserer Kolleg:innen findet nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch in der Gesellschaft – wenn sie keinen Kasack tragen – statt. Sie müssen überall willkommen sein!“

 

Teams profitieren von internationaler Vielfalt

Trotz aller Probleme zeigen die Umfrageergebnisse auch positive Aspekte. 79 Prozent der deutschen Kolleg:innen bewerten internationale Pflegefachkräfte als wichtig oder sogar unentbehrlich für die Versorgung. Die Zusammenarbeit ermöglicht den deutschen Mitarbeitenden neue Kompetenzen:

  • 55 Prozent der deutschen Kolleg:innen gaben an, durch die Zusammenarbeit bessere Fähigkeiten in der Teamarbeit mit multikulturellen Teams entwickelt zu haben

  • 39 Prozent haben mehr Verständnis für unterschiedliche Perspektiven entwickelt

  • 40 Prozent zeigen mehr Sensibilität gegenüber Rassismus und Diskriminierung

  • 15 Prozent sind offener für neue Ansätze und Methoden geworden

Integration braucht strukturelle Unterstützung

Die Umfrage zeigt deutlich: 44 Prozent der internationalen Pflegefachkräfte erhalten zum Einstieg Sprachkurse, 25 Prozent bekommen Unterstützung bei der Wohnungssuche und bei der Berufsanerkennung. Doch reicht das aus?

Die DBfK-Umfrage macht deutlich: „Integration gelingt dann am besten, wenn sie strukturell begleitet und kollegial getragen wird“, erklärt Klapper. Konkret bedeutet das:

Für die Politik:

  • Beschleunigung der Anerkennungsverfahren

  • Einführung der Kompetenzvermutung

  • Bessere Sprachförderung

  • Klare Regelungen für Qualifikationsanerkennung

Für Arbeitgeber:innen:

  • Strukturierte Integrationsprogramme

  • Mentoring-Angebote

  • Interkulturelle Sensibilisierung der Teams

  • Karriereperspektiven schaffen

Für die Gesellschaft:

  • Entschiedenes Vorgehen gegen Rassismus

  • Wertschätzung internationaler Fachkräfte

  • Willkommenskultur auch außerhalb des Arbeitsplatzes

 

Fazit: Handeln ist überfällig

„Diese Umfrage ist nicht bloß ein Stimmungsbild, sie ist ein Handlungsauftrag. An die Politik. An Arbeitgeber:innen. An uns alle“, fasst Klapper zusammen.

Deutschland braucht internationale Pflegefachkräfte – das ist unbestritten. Aber es reicht nicht, sie zu gewinnen. Sie müssen auch gehalten werden. Dafür braucht es mehr als warme Worte: Es braucht strukturelle Veränderungen, eine echte Willkommenskultur und den Mut, endlich das Potenzial zu nutzen, das bereits da ist.

Die Studie des DBfK (PDF)


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