Deutschlands Notfallversorgung braucht dringend eine Modernisierung
Krankentransport

Rettungsdienst & Krankentransporte: 25 Jahre ohne Reform bedrohen Versorgung

Steigende Kosten, veraltete Strukturen und zunehmende Bagatell-Einsätze – Deutschlands Notfallversorgung braucht dringend eine Modernisierung.

Nicht nur Fahrdienste für Krankenfahrten stehen vor großen Herausforderungen, sondern auch die deutsche Notfallversorgung hat es derzeit schwer: 89.000 Beschäftigte im Rettungsdienst – 59 Prozent mehr als 2014 – bewältigen mittlerweile 54 Millionen medizinische Transporte pro Jahr. Doch trotz massiven Personalausbaus stoßen die Dienste an personelle und finanzielle Grenzen. Ein aktueller Prüfbericht aus Hessen macht deutlich: „Das System krankt seit Jahren, und die Leidtragenden sind die Patientinnen und Patienten“, sagt Claudia Ackermann von der vdek-Landesvertretung Hessen.

 

25 Jahre ohne Kontrolle: Gesetzlicher Prüfauftrag vernachlässigt

Die Probleme sind strukturell bedingt: Seit 1999 haben Rettungsdienstträger den gesetzlichen Auftrag, regelmäßig die fachliche und wirtschaftliche Zweckmäßigkeit ihrer Bereiche zu überprüfen. „Dies ist bis heute nicht erfolgt“, kritisiert Claudia Ackermann. Die fehlenden Reformen der letzten Jahrzehnte zeigen Wirkung: In Hessen passen Zuschnitt und Steuerungslogik der Rettungsdienstbereiche nicht mehr zu den tatsächlichen Anforderungen einer modernen Notfallrettung.

Die Konsequenzen: Unterschiedliche Versorgungsstandards und unnötige Kommunikationswege im Einsatzfall beeinträchtigen die Patientensicherheit. Strukturelle Defizite belasten sowohl die medizinische Qualität als auch die Wirtschaftlichkeit des Systems.

Deutliche Kostensteigerungen

Die finanziellen Entwicklungen sind besorgniserregend: In Hessen stiegen die Leitstellen-Gebühren für die Notfallrettung innerhalb von zehn Jahren um 73,41 Prozent, die für qualifizierte Krankentransporte sogar um 97 Prozent. Im Landkreis Groß-Gerau verdreifachten sich die Leitstellen-Gebühren pro Einsatz von 46,50 auf 146,75 Euro.

Problematisch dabei: Während das Land Hessen seit 2021 nur rund zwei Millionen Euro zu den Personalkosten der Leitstellen beisteuert – ohne Inflationsanpassung –, beteiligen sich die Kommunen seit 2010 nur noch mit 20 Prozent an der Finanzierung. Die Hauptlast tragen die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung.

 

Qualitätssprung mit Kostensteigerungen

Der Qualitätssprung seit 2014 ist unbestritten: Laut eines Artikels des AOK-Forums „Gesundheit und Gesellschaft“ (G+G) würde mit dem Notfallsanitätergesetz das Personal länger, besser und bundeseinheitlich aus- und fortgebildet. Die Vergütung der Notfallsanitäter liegt deutlich über dem Gehalt der vormaligen Rettungsassistenten. Parallel dazu fahren 20 Prozent mehr Krankenwagen und Notarzteinsatzfahrzeuge auf den Straßen, ausgestattet mit modernster Technik für invasive Behandlungen.

Dieser Qualitätssprung führt zu höheren Entgelten pro Rettungseinsatz. Die Kosten steigen kontinuierlich – bei gleichzeitig fraglicher Einsatznotwendigkeit in vielen Fällen.

 

Herausforderung Bagatell-Einsätze: Nur 15 Prozent rechtfertigten Notarzt-Einsätze

Eine zentrale Herausforderung: Laut Deutschem Berufsverband Rettungsdienst (DBR) sind nur zehn bis 15 Prozent der Notarzt-Einsätze wirklich gerechtfertigt. Immer mehr Menschen alarmieren den Rettungsdienst aus medizinischen Bagatellgründen.

Rettungswagen würden zunehmend häufiger gerufen werden, obwohl die medizinische Notwendigkeit fraglich ist. Das System steht unter Druck durch seine eigene Verfügbarkeit. Mehr Einsätze bedeuten nicht automatisch bessere Versorgung.

 

Föderale Vielfalt als Herausforderung

Deutschlands föderale Struktur bringt Komplexität mit sich: Organisation, Durchführung und Abrechnung des Rettungsdienstes variieren je nach Bundesland und Kreisebene. Die Durchführung erfolgt durch kommunale Eigenbetriebe, Berufsfeuerwehren und Hilfsorganisationen wie DRK, ASB, Johanniter oder Malteser.

Vertragspartner der Krankenkassen sind die Kommunen, die wiederum die Durchführung an verschiedene Organisationen abgeben können. Diese föderale Struktur aus verschiedenen Trägern und Tarifen erschwert einheitliche Standards und Effizienzsteigerungen.

Lösungsansatz: Virtuelle Gesundheitsleitstelle

Die Krankenkassen in Hessen haben eine konkrete Vision entwickelt: Eine virtuelle Gesundheitsleitstelle für das gesamte Bundesland, „die von der Notfallrettung bis zur Gesundheitsberatung alle Bereiche der Gesundheitsversorgung abdeckt“, heißt es in der Meldung der AOK Hessen vom Juli 2025. Patienten sollen „sicher, effizient und entsprechend ihrer medizinischen Bedarfe in das dafür geeignete Versorgungssystem“ geleitet werden.

Frank Dastych, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, beschreibt die Zielsetzung: „Wenn wir uns fragen, wie ein besser funktionierender Rettungsdienst aussehen kann, dann muss es wieder darum gehen, die echten Notfälle schnell zu identifizieren und Patienten so schnell wie möglich in die medizinisch hochqualifizierten Behandlungseinheiten zu bringen“.

Die Frage nach dem Überleben der Patienten müsse wieder im Mittelpunkt stehen – nicht die Frage nach Hilfsfristen, „die lediglich auf dem Papier stehen“.

 

Reformchancen nutzen

Der AOK-Bundesverband sieht in der geplanten Krankenhausreform, der Reform der Notfallversorgung und der Weiterentwicklung des Rettungsdienstes eine große Chance. Durch eine bessere Verknüpfung dieser Bereiche ließen sich Überlastungen verhindern, Patienten gezielter steuern und Kosten reduzieren.

Die aktuellen Herausforderungen bieten auch Chancen: Digitalisierung kann Abläufe optimieren, bessere Steuerung kann unnötige Einsätze reduzieren, und qualitativ hochwertige Ausbildung stärkt das Vertrauen der Bevölkerung. Viele Anbieter von Rettungsdiensten und Krankentransporten nutzen bereits innovative Lösungen für effizientere Abläufe – von digitaler Einsatzplanung bis zur optimierten Abrechnung. Diese Pionierarbeit wird sich langfristig auszahlen, wenn die strukturellen Reformen greifen.

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Quellen: 

Meldung der AOK Hessen

Artikel über Kassenausgaben bei Notfalleinsätzen (G+G)

 

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