tarifgerechte Entlohnung für Pflegeeinrichtungen
Pflege

Attraktivität des Pflegeberufs: Reicht ein tarifgerechter Lohn?

Seit 2022 ist eine tarifgerechte Entlohnung für Pflegeeinrichtungen Pflicht. Aber macht das den Pflegeberuf bereits attraktiver? Reicht das aus?

In den letzten Jahren wurde viel getan, um die Löhne in der Pflege anzuheben. Kernforderungen wurden im letzten Merkel-Kabinett durch die Konzertierte Aktion Pflege (KAP) angestoßen und die Pflegelohnkommision befasst sich seit Jahren damit, den Pflegemindestlohn zu stärken. Die nächste Erhöhung des Pflegemindestlohns steht sogar unmittelbar vor der Tür – am 1. Mai ist es wieder soweit. (Mehr zum Pflegemindestlohn hier.) Und darüber hinaus: Dank des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) müssen alle Pflegeeinrichtungen – egal, ob stationäres Altenheim oder ambulanter Pflegedienst – ihren Mitarbeitenden, die in der Pflege tätig sind, tarifgerechte Löhne anbieten. Die Pflicht durch das GVWG besteht seit September 2022. Wer die Voraussetzungen nicht erfüllt, darf nicht als Pflegeeinrichtung zugelassen werden, keine Pflege anbieten und diese dann auch nicht mit der Pflegekasse abrechnen. Also alles gute Bedingungen, um die Attraktivität des Pflegeberufs zu stärken – oder nicht? Dieser Frage sind Julia Lenzen und Michaela Evans-Borchers vom Institut Arbeit und Technik (IAT) der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen nachgegangen.

Die drei Optionen der tarifgerechten Entlohnung in der Pflege – und die Schlupflöcher

Die Vorgaben des GVWG geben Pflegeeinrichtungen drei Möglichkeiten:

  • die Bindung an einen Tarif oder an eine an eine kirchliche Arbeitsrechtsregelung

  • eine „Tariforientierung“ (also die Umsetzung der Lohnansprüche auf Basis der für die Einrichtung maßgebenden Tarifvertragswerke bzw. kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen; die Mindestanforderungen der jeweiligen Erfahrungsstufen sowie der Eingruppierungsgrundsätze müssen dabei eingehalten werden)

  • Bezahlung auf Basis des „regional üblichen Entlohnungsniveaus“ (eine Lohnuntergrenze darf im Durchschnitt aller Beschäftigten der jeweiligen Beschäftigten-/Qualifikationsgruppen nicht unterschritten werden)

Die strengsten Regelungen bietet die erste Option, eine klare Tarifpflicht. Die beiden anderen Optionen decken alle Lohnbestandteile hingegen nicht konsequent ab. Auch werden hohe Lohndifferenzen, die in einem Betrieb möglicherweise aufkommen können, nicht ausgeschlossen. Trotz der Vorgaben durch das GVWG besteht somit weiterhin die Möglichkeit der ungleichen Bezahlung. Die Transparenz zum Abgleich eines einrichtungsspezifischen Durchschnittslohns fehlt. Am Ende ist es doch nur wieder der Pflegemindestlohn, der klare Grenzen zieht. „Der Pflegemindestlohn bleibt auch nach Einführung der gesetzlichen Regelungen ein zentraler Eckwert der Lohnentwicklung in der Pflege, da das ‚regional übliche Entlohnungsniveau‘ keine echte Lohnuntergrenze definiert“, heißt es in der Pressemitteilung zur Untersuchung der IAT.

Nicht nur ein besserer Lohn macht den Pflegeberuf attraktiv

KAP-Maßnahmen, Tarifpflicht (oder ähnliches), Pflegemindestlohn: Im Großen und Ganzen tragen die einzelnen Bausteine und Vorgaben dazu bei, den Pflegeberuf attraktiver zu machen. „Im Vergleich mit dem durchschnittlichen Stundenlohn von Vollzeitbeschäftigten in Deutschland ist die Langzeitpflege in der Entlohnung von Fachpersonal mittlerweile gut aufgestellt“, sagen die Autorinnen, „es werden aber auch Grenzen der gesetzlichen Neuregelungen, gerade angesichts der hohen Teilzeitquoten, mit Blick auf die avisierte Zielsetzung – die Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs – erkennbar.“ Es geht also nicht nur ums Geld! Auch die Arbeitsbedingungen abseits des Lohns sind ein wichtiges Thema, um die Arbeit in der Pflege attraktiver zu machen.

Aus der Sicht von Julia Lenzen und Michaela Evans-Borchers vom IAT sind es u. a. folgende Faktoren, die bei der Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs in Kombination berücksichtigt werden sollten:

  • hohe Qualitätsansprüche an die Pflegearbeit

  • Personal- und Qualifikationsmix

  • Arbeitszeitgestaltung

  • Entlastungs- und Professionalisierungschancen durch Digitalisierung

  • Entlastungs- und Professionalisierungschancen durch erweiterte Verantwortungsbereiche

  • berufliche Weiterbildungen

  • betriebliche Laufbahnperspektiven

  • Vereinbarkeit von Beruf und Familie

  • eine wertschätzende Führungs- und Teamkultur

Der Mix macht’s! Der Lohn allein macht den Job in der Pflege nicht automatisch attraktiver.


Mehr zum Pflegeverdienst



Die Untersuchung des IAT (PDF, April 2024)

 

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